Full text: Österreichisches Geschichtsbuch für Bürgerschulen

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eine offene Empörung, an deren Spitze Graf Emmerich Tököly, ein 
im Kriege ausgezeichnet geschulter Führer, stand. Derselbe verfügte 
nicht nur über ein bedeutendes Heer, sondern er schloß auch mit dem 
Sultan und dem Könige von Frankreich, Ludwig XIV., ein Bündnis 
gegen den Kaiser. 
Kaiser Leopold befand sich diesmal in einer furchtbaren Be— 
drängnis. Er schloß zur Verteidigung sterreichs durch Vermittlung 
des Papstes ein Schutze und Trutzbündnis mit dem Polenkönige 
Johann Sobieski, der versprach, ihm mit seinem Heere beizustehen, 
wofür der Kaiser 1,200.000 Gulden zahlte. Auch einige der be— 
deutendsten deutschen Fürsten sagten dem Kaiser ihre Hilfe zu. 
2. Beginn des Kampfes. In den ersten Wochen des Jahres 1683 
sammelte sich das türkische Heer bei Adrianopel und an demselben 
Tage, an dem zwischen dem Kaiser und dem Polenkönige das Bündnis 
abgeschlossen wurde, brachen schon die türkischen Truppen mit dem 
Sultan und seinem Großwesir Kara Mustapha gegen öster-⸗ 
reich auf. 
Am 1. Mai fand bei Belgrad Musterung statt: das Heer zählte Das urtische 
aͤber 200.000 Mann mit 300 Geschüten. Dort übergab der Sultan, Le—. 
der zurückblieb, dem Großvezier die grüne Fahne des Propheten. 
Das türkische Heer zog hierauf über Stuhlweißenburg gegen Wien. 
Vergebens suchte der kaiserliche Feldherr Herzog Karl von 
Lothringen, der Großvater des Gemahls der Kaiserin Maria Theresia, 
mit etwa 40.000 Mann den herannahenden Feind in seinem Marsche 
aufzuhalten. Er wurde nach Niederösterreich zurückgedrängt und bezog 
bei Korneuburg ein befestigtes Lager, um die Polen und die deutschen 
Hilfsvölker zu erwarten. Wien sollte mittlerweile den Feind beschäf— 
— 
Der Kaiser übertrug die Verteidigung der Stadt Wien dem Verwirrung 
Grafen Küdiger von Starhemberg, einem sehr tüchtigen, kriegserfahrenen Wien. 
Manne. Die Stadt war auf schwere Tage gefaßt; allein die größte 
Verwirrung trat ein, als der Kaiser am 8. Juli abends Wien 
verließ, um über Linz nach Passau zu reisen und von Deutschland 
aus die weiteren Schritte zur Verteidigung seines Reiches zu leiten. 
Der Adel und die wohlhabenden Bürger verließen nun ebenfalls in 
großen Scharen die Stadt und so kam es, daß eine halbe Stunde 
nach des Kaisers Abreise alle Gassen und Plätze mit Leuten, Wagen 
und Pferden überfüllt waren und man für ein Fuhrwerk fabelhafte 
Preise bot. Andere wieder liefen davon und ließen ihre Habe im 
Stiche, um nur ihr Leben zu retten. 
Den Flüchtlingen leuchtete auf der Donaubrücke gleich einer 
ungeheuren Fackel das von den türkischen Mordbrennern angezündete 
Kartäuser-Kloster auf dem Kahlenberge. An diesem und dem folgenden
	        
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