Full text: Das Altertum (Teil 1, [Schülerband])

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Die Griechen. 
Gegensatze zum Dünkel der Sophisten war er bescheiden und er- 
klärte, nichts zu wissen, obwohl ihn das delphische Orakel als den 
weisesten Griechen bezeichnete. Er war fromm, kam seinen Bürger- 
pflichten gewissenhaft nach und wagte es, unbekümmert um die 
Volksgunst, der herrschenden Stimmung entgegenzutreten (S. 109). 
Der schrankenlosen Demokratie war er wegen ihrer Ausschreitungen 
abgeneigt und wurde deshalb von den Demagogen angefeindet. Weil 
Alcibiades und Kritias eine Zeitlang mit ihm näher verkehrt hatten 
und weil er behauptete, daß ihm eine innere Stimme (damör0r) sage, 
was er zu tun und zu lassen habe, wurde er von seinen Gegnern an- 
geklagt, daß er die Jugend verderbe! und neue Götter einführen 
wolle. Von einem Heliastengerichte zum Tode verurteilt, verlebte er 
die letzten Tage in anregenden Gesprächen mit seinen Anhängern 
über die Unsterblichkeit der Seele und wies deren Zumutung, sich 
durch die Flucht zu retten, zurück, weil man den Gesetzen unbedingt 
gehorchen müsse. Nachdem er noch seine Freunde aufgefordert 
hatte, wegen seiner bevorstehenden Genesung einen Hahn zu opfern, 
leerte er den Giftbecher. 
3.) Sokratesals Philosoph. Er ist der Schöpfer der 
wissenschaftlichen Definition, d. h. er drang vor jeder Untersuchung 
auf,die Feststellung der Bedeutung (des Begriffes) der Worte, die 
eben Gegenstand der philosophischen Erörterung waren. Im Gegen- 
satze zu den Sophisten bildet den Mittelpunkt seines Ströbens die 
Erkenntnis der Wahrheit, speziell auf dem sittlichen Gebiete. Da- 
durch wurde er der Schöpfer der wissenschaftlichen Ethik, d. h. der 
Lehre von den Pflichten des Menschen. Für seine Person höchst an- 
spruchslos, erklärte er es für das Glück des Menschen als besonders 
wichtig, daß er möglichst wenige Bedürfnisse habe.* Seine Philo- 
sophie hat demnach einen praktischen Charakter, der von da an der 
griechischen Philosophie verblieben ist. 
Seine Lehre kennen wir aus den Schriften seiner bedeutendsten 
Schüler Xenophon und Plato. Der Hauptsatz seiner Lehre war: Die 
Tugend ist Wissen und darum lchrbar; er meinte nämlich, daß das 
rechte Wissen auch das rechte Tun im Gefolge habe. 
4.) Die Sokratischen Schulen. Da sich Jünger 
sehr verschiedener Geistesrichtung an Sokrates anschlossen, faßten 
ı Xen. Mem. I, 1. 
2 Sokrates bei Xen. Mem. I, 6, 10: &yü SE vowiCor 70 Ev u7,öev06 Öfzodaı Üetov 
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