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219. Züge eins dem Leben Kaiser Wilhelms I. 
Württembergs, die sich, zwölftausend Mann stark, in Reib und Glied 
aufgestellt hatten. Da sagte man dem Kaiser, daß ein dreiundneunzig- 
jähriger Greis aus Freudenstadt da sei, der die Befreiungskriege von 
1813 mitgemacht habe und nun sehnlichst wünsche, den Kaiser von 
Angesicht zu Angesicht zu sehen; er sei auf einem Wagen mitgekommen, 
weil er nicht mehr gehen könne. Der Kaiser fuhr zu ihm hin und hielt im 
Wagen vor dem alten Mann, der nun versuchte, aus seinem Wagen zu 
steigen. Da ihm dies aber sehr schwer wurde, so rief ihm der Kaiser zu: 
„Bleiben Sie sitzen! Ich bin der Jüngere und kann zu Ihnen kommen.“ 
Und der hohe Herr stieg aus dem Wagen, unterhielt sich freundlich 
mit dem Greise und drückte ihm zum Abschied bewegt die Hände. 
4. Pflichttreue Kaiser Wilhelms I. 
Einst hatte der hochbetagte Kaiser sein Erscheinen zu der Übung 
des ersten Garderegiments angekündigt. Der um die Gesundheit des 
Monarchen besorgte Leibarzt sprach schriftlich die Bitte aus, er möchte 
doch der Übung fern bleiben, da bei dem unfreundlichen Wetter das 
Schlimmste zu befürchten sei. „Dann sterbe ich im Dienste“, schrieb 
der Kaiser kurz und bündig zurück. Der Leibarzt eilte in dringender 
Besorgnis um des Kaisers Wohlergehen zum Schlosse, um seine Bitte 
zu wiederholen. Der Kaiser erwiderte: „Ein König von Preußen, der 
nicht mehr zu seinen Soldaten gehen und die Pflicht seines Amtes 
erfüllen kann, ist kein König mehr und müßte die Regierung nieder¬ 
legen.“ — Und er ging zum Übungsfelde. 
5. Kaiser Wilhelm und sein Kammerdiener. 
Kaiser Wilhelm I. litt einst, als er schon hochbetagt war, an einer 
starken Erkältung. Fürsorglich hatte sein Leibarzt außer einer lindern¬ 
den Arznei noch einen Tee verschrieben, welcher in der Nacht jeden 
Hustenreiz beschwichtigen sollte. Der Kammerdiener war von ihm genau 
angewiesen, wieviel des Getränkes dem Patienten bei jedem neuen 
Hustenanfall gewärmt und dann gereicht werden sollte. 
Als der Leibarzt seinen Morgenbesuch machte, berichtete ihm schon 
im Vorzimmer der alte, treue Kammerdiener voller Freude: „Seine 
Majestät haben eine ruhige Nacht gehabt.“ Befriedigt trat der Arzt in 
das Schlafzimmer des Kaisers; aber ein Blick ans dessen müde Züge 
und ein zweiter auf die geleerte Teekanne brachten ihm Zweifel, ob es
	        
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