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Neue Geschichte.
Unter der Regierung des minderjährigen Lud
wigs, in dessen Namen seine Mutter Maria vor
Medieis, zweite Gemahlin Heinrichs, herrschte
wurde alles Gute vernichtet⸗ was bisher gestiftet war
und kein redlicher Diener konnte, oder wollte in seine:
Stelle bleiben. Das Volk murrte; der Koͤnigin Günstling
der Marschall d'Ancre (denn so hoch war er vom gemeinen
Italiener Musikanten gestiegen), wurde auf Anstiften der
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und sein Leichnam von dem wüthenden Pöbel wieder aut
dem Grabe gewühlt, auf den Gassen umhergeschleift, be
den Füßen an den Galgen gehengt, und dann noch in
Stücken zerrissen. — Seine Gemahlin wurde enthauptet,
und Maria mußte auf ihre Güter (1617). — Alles hatte
sie verlassen, nur einer ihrer Günstlinge, der überaus
schlaue Richelieu nicht, der durch' große Kenntnisse und
Gewandtheit es im 21. Jahr schon bis zum Bischof ge—
bracht hatte. — Er diente der Königin dem Scheine nach
mit uneigennütziger Treue (eigentlich nur aus Ehrsucht). —
Die Königin fand viel Anhang bei den Mißvergnügten,
und es kam nun zwischen ihr und dem Sohne zum öffent—
lichen Bruch; — aber durch Richelieus Klugheit, der es
mit beiden Parteien hielt, kam eine Aussoͤhnung zu
Stande (1620). Die Koͤnigin kam nach Luines Tode in
den Staatsrath (1621), Richelieun wurde Kardinal — eine
Würde, die er sich bei der Aussoͤhnung schon ausgemittelt
hatte — und zwei Jahre darauf (1022) in den Staats—
rath aufgenommen, dessen Mitglieder die übrigen Minister
waren, die seinen unternehmenden Kepf schon lange ge—
fürchtet hatten.
Der schlaue Mensch täuschte alle *), und durch Ent—
schlossenheit und List, und auch wohl durch ein wenig
Gift, wurde er bald der erste und allmächtige Minister in
) Der Staatsrath verlangte: er solle im Rathe nur sein—
Meinung sagen, sich aber aller näheren Einmischung
in die Staatsgeschäfte enthalten — Er erklärte demü—
thig, daß er sogar um das nämliche, seiner Kränk—
lichktit wegen, bitten müsse.