Full text: Die Neuzeit (Teil 3)

90 I- Periode. Das Zeitalter d. Reformation u. Gegenreformation. III 
um seinen Reichtum beneidet wurde, boten die wirtschaft¬ 
lichen Zustände des Reichs am Ende des grofsen Kriegs 
einen geradezu trostlosen Anblick; und da die Feinde teil¬ 
weise sechs Jahre brauchten, um das Reich zu räumen, so 
wurde auch die Wiederherstellung regelmäfsiger Zustände 
sehr verzögert. Viele Gegenden, die mehrfach von den 
Kriegsstürmen heimgesucht worden waren, hatten den 
gröfsten Teil ihrer Bevölkerung verloren; mit gleich wilder 
Barbarei hausten die Kaiserlichen wie die Franzosen und 
Schweden („Schwedentrank“). Was der Krieg noch ver¬ 
schonte, das rafften oft Pest und Hunger hinweg; Württem¬ 
berg soll von 400 000 Einwohnern auf 48 000 herabgekommen 
Bevölkerung.sein; Bayern „glich einer Wüste, wo kaum der zehnte 
Verwüstung. Mann noch lebte“. Wölfe und andere reifsende Tiere ver¬ 
mehrten sich in erschreckender Weise, und dafs man die 
Früchte von der Aussaat in Ruhe ernten konnte, war eine 
Seltenheit. Es bedurfte grofser Mühe, Umsicht und Geduld 
der Regierenden und unsäglichen Fleifses der Regierten, 
um die Wildnis wieder in angebautes Land zu verwandeln 
und die blutenden Wunden etwas verharschen zu machen; 
aber Jahrhunderte hat es gedauert, bis Deutschland die in 
den schrecklichen dreifsig Jahren an Volkszahl und Volks¬ 
wohlstand erlittene Einbufse einigermafsen hereingebracht 
hatte. Mit der wirtschaftlichen Blüte verfiel auch ein Teil 
der sittlichen Kraft und der Nationalstolz der Deutschen. 
Nirgends zeigte sich dies greller als in der würdelosen 
Ausländerei.Nachäffung alles Ausländischen („d la mode-Wesen“), 
schon um dessen willen, weil es ausländisch war; und 
Litteratur. nirgends tritt dies deutlicher zu Tage als in der Litteratur. 
Die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts hatte noch einen 
Sprachbildner und Sprachmeister ersten Ranges in Johann 
^is^ga9rt Fischart gehabt (1540—89); aber kurz nach seiner Zeit 
schrieben die Gelehrten wieder lateinisch, wie vor der Re¬ 
formation und vor Luther, und die Masse der Gebildeten 
verstattete in ihrer Sprechweise einer Unzahl von Fremd- 
Sprach- Wörtern Zutritt, so dafs eigene Gesellschaften sich zur Her- 
ygreine. 
Stellung der Reinheit der Sprache bildeten (so die frucht¬ 
bringende Gesellschaft, gestiftet 1617, u. a.). Aber ihre 
Opitz 1 1639. Wirksamkeit war pedantisch, und Opitz, der sich zum An-
	        
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