Full text: Geschichte des Altertums bis zur Begründung des Römischen Kaiserreiches (Band 1, [Schülerband])

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Schmähungen ins Gesicht zu schleudern; da warf Alexander die Lanze gegen den Freund und 
Lebensretter, der entseelt zu Boden sank. Nach der Bluttat erfaßte den König grenzeniose Ver 
‚weiflung, die erst der Erfüllung der Pflichten wich, die sein hoher Beruf ihm auferlegte. 
Der Zug nach Indien. Was Alexander erreicht hatte, war in der Geschichte ohne- 
zleichen!); aber seine Siegeslaufbahn riß ihn weiter und weiter in unabsehbare Fernen; & 
wollte Herrscher der Welt werden. Sein nächstes Ziel war das Wunderland Indien. 
Vlit einem starken Heere, zu welchem er auch die Orientalen aufbot, um sie den Maze- 
Joniern und Griechen durch gemeinsame Kriegstaten näherzubringen, zog er M 
Jas Industal hinab (327). Den Europäern öffnete sich hier eine neue Welt; staunend 
zewahrten sie den üppigen Pflanzenwuchs, das eigenartige Tierleben, die dichte 
Bevölkerung mit ihren seltsamen Sitten, die bunte Pracht der Fürsten, die Selbst 
zerfleischung der Büßer. Im Fünfstromlande bestanden mehrere Königreiche, die sich 
zegenseitig befehdeten. Einer der Könige schloß sich Alexander an, ein anderer”) 
‘rat ihm in Waffen entgegen, aber in der Schlacht, in der zum erstenmal ein starkes 
Aufgebot von Kriegselefanten gegen die Abendländer kämpfte, wurde er überwältigt 
and gefangen (326). Doch ließ ihn der Sieger, der seine stolze Ruhe bewunderte. 
als Vasallenfürsten im Besitz seines Landes. 
Alexander wollte über das Indusgebiet hinaus vordringen, ihn lockte das Gange 
al, die eigentliche Stätte indischen Reichtums und indischer Weisheit. Doch d# 
Heer weigerte sich, ihm zu folgen. Die Mazedonier, die schwer unter den tropischen 
Regengüssen litten, wollten nicht bis ans Ende der Welt ziehen, von wo kein Heimwe 
mehr zu finden sei, sie verlangten ins Vaterland zurück. In heftigem Unmut schloß 
sich Alexander drei Tage lang in sein Zelt ein, doch endlich gab er nach. Auf eine] 
neugebauten Stromflotte segelte er den Indus hinab. An der Mündung sah er zum 
arstenmal das Schauspiel der ozeanischen Ebbe und Flut. Er fuhr ins Indische 
Meer hinaus, spendete den Göttern aus goldenem Becher und schleuderte ihn 
lie Flut. 
Eine Hafenanlage sollte den Indus (wie Alexandria den Nil) dem Weltverkehr 
zugänglich machen. Der Kreter Nearchos erhielt den Befehl, den Wasserwe6 
vom Indus zum Euphrat, der in Vergessenheit geraten war, neu zu entdeckel 
Die kühne Seefahrt gelang trotz vielfacher Entbehrungen und Gefahren®). Noch 
weit schlimmere Leiden erduldete zur gleichen Zeit Alexander, der einen Teil des HeereS 
Jurch die Wüste von Belutschistan nach Westen führte. Die stechende Sonn® 
die Fröste der Nacht, der brennende Durst, die glühenden Staubwolken erschöpfte? 
selbst die Kräfte dieser abgehärteten Krieger; nur das Vorbild ihres Königs hielt 1 
aufrecht, der alle Entbehrungen und Drangsale seiner Leute teilte, . 
Alexanders letzte Jahre. Nach Susa zurückgekehrt, suchte der König in, W® 
immer, überraschender Weise die Herzen seiner Untertanen für den großen Plad 
jer Verschmelzung von Morgen- und Abendland zu gewinnen. Er selbst heiratet® 
neben Roxane eine Tochter seines unterlegenen Vorgängers und veranstaltete für 
R0 Offiziere und 10.000 Soldaten die „Riesenhochzeit von Susa‘“, Unter rauschende® 
Festlichkeiten wurde ihre Vermählung mit asiatischen Frauen gefeiert; die Mitgift 
beglich der Herrscher aus seiner eigenen Kasse. Doch dies konnte sie nicht mit d® 
1) Vgl. Quellenbuch Nr. 27. — ?) Ex herrschte über den Stamm der Paurava und wurde dal" 
von den Griechen Por os genannt. — %) Ein Auszug aus Nearchs Reisebericht ist uns erhalte 
(vgl. Quellenbuch Nr. 28).
	        
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