Full text: Lehrbuch der Geschichte des Mittelalters

Als untergeordnete Gottheiten erscheinen die Nornen, Schicksalsgöttinnen 
nach Art der Parzen (Urd, Werdandi und Skuld), die zum Reiche der He] 
gehören und die Walküren, unter ihnen als die bedeutendste Hilde (der 
Kampf), welche die im Kampfe fallenden Helden in die Walhalla geleiten. 
Die Riesen (Thursen, Hünen, Jötunen) sind ein den Göttern feind- 
iches Geschlecht, das in fortwährenden Kämpfen mit den Asen liegt. Sie sind 
sigentlich die älteren Gottheiten (vgl. Titanen), die vor den Asen zurücktreten 
mussten, Darum erscheinen sie als roh und ungeschlacht, später sogar als 
böse. Es sind zu unterscheiden die Bergriesen, die dem Steinreich ange- 
hören (Riesengebirge, Frau Hütt, Sagen von Versteinerungen und Verschüt- 
kungen), die Reif- oder Frostriesen, in welchen die meteorologischen 
Erscheinungen des Spätherbstes und Winters personificiert erscheinen, die 
Wasserriesen, welche sowol die verheerende Meerflut, als auch die Ge- 
fahren der Landgewässer bedeuten, und die Feuerriesen, bei denen nament- 
'ich die Bedeutung des Feuers als eines wichtigen Kulturmittels hervor- 
zehoben wird. 
Die Elben, Elfen oder Wichte sind dem Menschen freundliche 
Wesen, in denen die der Erde innewohnenden Kräfte personificiert erscheinen 
Sie Jassen sich in Erdgeister oder Zwerge, Wassergeister und Feuer 
geister gliedern. Zu den Zwerggeistern gehören Alberich, der Besitzer 
les Nibelungenhortes, der König Laurin, der Hüter eines Rosengartens im 
Tiroler Hochgebirge, und der Berggeist Rübezahl im Riesengebirge. Zu 
len Wassergeistern sind die Muhmen und Mühmchen (Mummelsee), die 
männlichen und weiblichen Nixen, die beim Volke als Wassermänner und 
Seejungfrauen bekannt sind, zu zühlen. Die Feuergeister, auch Hausgeister 
oder Kobolde, halten sich auf dem Herde oder hinter dem Ofen auf (vergl. 
die römischen Laren und Penaten) und dienen dem Hausherrn, unterstützen 
ihn auch gegenüber einem untreuen oder fanlen Gesinde. 
Die Helden sind zumeist durch die Sage umgestaltete Gottheiten. 
Der bedeutendste unter ihnen war Sigurd (Sigfried), der den Drachen 
ötete und Hilden (in der Sage zu Brunhilde und Chriemhilde umge- 
wandelt) befreite. Er ist ein Gott des Frühlings, der den Winter besiegt. 
Auch die Stammväter der Germanen (Tuisco und Mannus, Ingo, Isto und 
{rmino) gehörten zu den Helden des Volkes. Der lahme aber kunstreiche 
Schmied Wieland, der sich aus seiner Gefangenschaft durch ein Federkleid. 
mittelst dessen er davonflog, rettete (Dädalus), so wie sein Bruder, der trefl- 
liche Schütze Kigil (Ägil), der vom Kopfe des Sohnes den Apfel herunter- 
schoss (Tell), werden bald den Elfen, bald wieder den‘ Göttern zugezählt, 
Der Kultus der alten Deutschen war einfach. Die Götter 
wurden in eingehegten Höfen, heiligen Hainen, auf Bergen, unter 
yeweihten Bäumen und an heiligen Quellen verehrt. Als Opfer 
wurden seltener Menschen (namentlich gefangene Feinde), häufig 
Pferde, Rinder, Lämmer, Gänse (Martinsgans) etc, geschlachtet 
and zum Gedächtnis der Götter (Minne) getrunken (Johannissegen, 
27, December), Zu Ehren der Götter fanden feierliche Umzüge statt 
und wurden Freudenfeuer angezündet. Zu den bedeutendsten Festen
	        
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