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an Land seitens des Königs an den Dienstadel geschahen jedoch nur leihweise auf Lebens¬ 
zeit. Für . diese Schenkung übernahm der Beschenkte Leistungen und Dienste und ver¬ 
pflichtete sich seinem Könige gegenüber zu besonderer Treue. 
Viele der kleinen Freien verarmten mit der Zeit wegen der drückenden Heereslasten, 
oder sie hatten unter dem Drucke der benachbarten großen Grundbesitzer zu leisen. Sie 
traten deshalb gerne in den Schutz eines Groszen und übernahmen von diesem schenk- 
weise (leihweise) ein Stück Land mit den darauf haftenden Pflichten. Viele übergaben 
ihren freien Besitz auch der Kirche und nahmen ihn von dieser mit allerlei Verpflichtungen 
wieder zurück. Sie waren jetzt „Hörige" der Kirche und blieben vom Kriegsdienste befreit. 
Neben diesen erhielt sich zwar eine Klasse kleiner freier Grundbesitzer; aber die größte 
Zahl der ursprünglich Freien sank doch zu einer Stellung herab, die sich von der der 
Unfreien nur wenig unterschied. Sie wurden „Hörige" oder „Siten". 
Wirtschaftliche Zustände. Durch die Berührung mit den unterworfenen 
Völkern, welche auf einer höheren Stufe der Entwicklung standen als die Sieger, wurde 
auch eine Änderung der wirtschaftlichen Zustände und der Lebensweise bewirkt. Die 
Franken fanden einen hochentwickelten Ackerbau vor und ahmten ihn nach. Das Hand¬ 
werk fand Aufnahme und Pflege, und einzelne Zweige desselben, z. B. die Goldschmiede¬ 
kunst, entwickelten sich zu hoher Blüte. Haus und Hausgerät wurden besser und fester. 
Der Handelsverkehr dehnte sich immer mehr aus. Hauptstapelplätze des Handels waren 
die alten römischen Städte am Rhein und an der Donau. Der vermehrte Handel brachte 
es mit sich, daß die Franken und bald auch die übrigen Deutschen den Wert des Bar¬ 
geldes gegenüber den früheren Tauschartikeln kennen lernten. Sie bedienten sich der 
römischen Münzen. Es wurde Überall nach dem Solidus (Schilling) gerechnet, einer 
Goldmünze von 4,55 g Gewicht. Sie war 40 Silberdenaren gleich gesetzt, nach heutigem 
Gelde etwa 6 Mark. 
Recht und Gericht. In der germanischen Urzeit hatte es kein geschriebenes 
Recht gegeben; es entschied das Hundertgericht nach gewissen Rechtsgebräuchen, die sich 
von Geschlecht zu Geschlecht fortgepflanzt hatten. Das ging aber bei den uerwiefelteren 
Verhältnissen zurzeit der Merowinger nicht mehr. Das Verlangen nach geschriebenen Ge¬ 
setzen machte sich nmsomehr fühlbar, als die unterworfenen Römer solche schon seit langen 
Zeiten gehabt hatten. Das älteste und bedeutendste der geschriebenen deutschen Gesetze 
ist das „salische". Es handelt von Erbschaft, Kauf und Verkauf, enthält Vorschriften, 
welche Leben, Freiheit, Ehre und Eigentum der Menschen schützen. Es zählt lange Reihen 
von Vergehungen und Verbrechen auf und ebenso lange Reihen von Bußen und Strafen. 
Selbst für die schwersten Vergehen waren Bußen in Geld angesetzt. Leben und Freiheit 
werden nur dann verwirkt, wertn man die Buße nicht bezahlen kann. Am höchsten war 
das Wehrgeld oder die Buße» wenn man einen „Freien" verletzt oder beleidigt hatte. 
Viel geringer bestraft wurde das Vergehen gegen einen „Hörigen" oder einen Römer. 
Ganz besonders harte Strafen standen ans der Verletzung des Eigentums. So z. B. 
stand eine Buße von drei Solidi (für zwei Solidi kaufte man einen Stier) auf dem 
Diebstahl eines jungen Schweines, eines Kalbes, eines Füllen, einer GanS und eines 
Huhnes. Stahl ein Leibeigener etwas, was zwei Solidi an Wert hatte, so erhielt er 
120 Geißel hiebe. Das salische Gesetz verbreitete sich im ganzen Frankenreiche und auch 
bei benachbarten Stämme». Bei den übrigen Deutschen sind erst viel später geschriebene 
Gesetze ausgekommen. 
Kriegswesen. Der alte germanische Heerbann geriet immer mehr in Ver¬ 
gessenheit. Der König stützte sich mehr auf das Heer der Vasallen oder „Getreuen". 
Diese Pflicht zum Heerdienste hatte der König bei der Beleihung mit Gütern feinen 
Großen auferlegt. Sie mußten eine bestimmte Zahl „Gesolgömannen" stellen, die sie 
teils aus der Schar ihrer Knechte, teils aus der Zahl der Untervasallen entnahmen. Da¬ 
neben war der kleine freie Grundbesitzer persönlich zum Heeresdienste verpflichtet. Die 
Kirche beanspruchte für ihre immer größer werdende Besitzung Befreiung von allen Kriegs¬ 
lasten. — Die Bewaffnung des gewöhnlichen fränkischen Kriegers war noch immer sehr 
einfach. Er bewaffnete sich mit dem kurzen Speer und der Streitaxt; Helm und Panzer 
trugen nur wenige. — 
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