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lich fain es zu einer gesetzlichen Herabminderung der Roboten
(Frondienste); doch auch aus eigenem Antriebe verbesserten viele
österreichische Edelleute das Los ihrer Bauern. Joseph II. bereiste
sowohl das ganze Gebiet seiner Hausmacht, um sich über die Be¬
dürfnisse der Bevölkerung zu unterrichten, als auch die Nachbar¬
länder, um ihre Zustände kennen zu lernen und politische An¬
gelegenheiten zu ordnen.
In kirchlicher Beziehung gähnte zwischen beiden Regenten
ein tiefer Abgrund; die Mutter entsetzte sich über das Streben
des Sohnes nach Herstellung der Glaubensfreiheit, wurde aber
doch in ihren älteren Tagen milder gesinnt.
So fromm Maria Theresia war, so wenig sie von Duldung
Andersgläubiger wissen wollte, so weit sie der Geistlichkeit ent¬
gegenkam, — so wenig war sie geneigt, den Staat der Kirche
unterzuordnen. Die klerikalen Tendenzen der Ferdinande und
Leopolds I. hatten notwendig ein hierarchisches Streben her¬
vorrufen müssen; unter Joseph I. hatte es begonnen und schon
seit 1733 wurde es in Innsbruck und seit 1749 in Wien von
dem Professor der Rechte Paul Joseph Riegger vertreten, dessen
Schüler noch weiter gingen. Außerhalb ihres Kreises wurde
diese Richtung durch den Weihbisch f von Trier, Nikolaus von
H o n t h e t nt, unter dem Namen „Justinns Febronius" in dem
lateinischen Buche „von dem gegenwärtigen Zustande der Kirche
und der gesetzlichen Gewalt des römischen Papstes" (1765) in
ein System gebracht. Der Verfasser (t 1790) wurde zum Wider¬
rufe gezwungen, nahm diesen aber später wieder znrück.
Maria Theresia fand, die Kirche sei reich genug, wende ihr
Vermögen „leider nicht so an, wie sie sollte, und bedrücke neben¬
bei das Publikum sehr, was einer großen Remedur noch er¬
fordern werde, die mit Zuziehung von Weltlichen vorzunehmen
und dabei zu bedenken sein würde, was dem Gemeinbesten, nicht
aber was den Geistlichen, Mönchen und Klöstern zum Nutzen
gereicht". Sie veranlaßte daher Untersuchungen über die Un¬
regelmäßigkeiten in der Verwaltung der Kircheugüter, beseitigte
den Einsluß des Nuntius und der Jesuiten und ordnete die geist¬
lichen Gebühren. Die äußerlichen Kirchenbußen, so das übliche
Kreuzschleppen auf offener Straße, die Exkommunikationen
ohne Zustimmung der Regierung, die Stiftungen der Al¬
täre und ewige Lampen verbot die Kaiserin; die Prozessionen
und andere Ceremonien, die Wallfahrten und Bruderschaften,