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Mittlere Geschichte. 3. Periode. Entdeckungen. 
Cortez, nannte ihn seinen Retter und sprang wie ein Trunkener 
umher. Welch unmännliches Betragen! 
Die schaudervolle Bestrafung jener Mexicaner hatte so viel 
gewirkt, daß fürs erste Keiner sich gegen die Spanier zu rühren 
wagte, und Cortez regierte jetzt durch den gefangenen Montezuma 
das ganze Reich. Auch ließ er nun zwei Kriegsschiffe auf dem 
See von Mexico erbauen, wodurch seine Lage in der Stadt viel 
sicherer wurde. Er hatte nämlich dem Kaiser von den großen 
Schiffen der Europäer erzählt und ihn darauf neugierig gemacht, 
so daß Montezuma nicht nur den Bau der Schiffe zugab, son¬ 
dern sich selbst darüber recht freute. Durch alle diese Erfolge 
wurde Cortez imnier kühner und schritt nun zu einer neuen Er¬ 
niedrigung des armen Kaisers. Er verlangte von ihm, er solle 
sich für einen Vasallen des Königs von Spanien erklären und 
demselben einen jährlichen Tribut bezahlen. Montezuma wagte 
nicht, dem fürchterlichen Manne zu widersprechen, und leistete in 
einer feierlichen Versammlung der Großen des Reichs die ver¬ 
langte Huldigung. Aber wie schwer mochte ihm diese Demüthi¬ 
gung fallen, der bisher Keinen über sich erkannt hatte. Seufzer 
unterbrachen seine Rede und bittere Thränen liefen ihm die 
Wangen herunter. Schon fingen die Mexicaner an zu murren 
und ein finsterer Ernst verbreitete sich über ihre Gesichter, so daß 
Cortez besorgte, er sei zu weit gegangen. Indeß beruhigte er 
sie damit, daß sein König nichts verlange, als Schutzherr von 
Mexico zu sein; sonst sollte Alles beim Alten bleiben. 
So viel ließen sich die Mexicaner ruhig gefallen, in der Hoff¬ 
nung, daß doch nun endlich die lästigen Gäste abziehen würden, 
und Montezuma selbst forderte den Cortez dazu auf. „Das ist 
auch ganz meine Absicht," antwortete der schlaue Cortez; „nur 
muß ich erst die dazu nöthigen Schiffe bauen lassen, und das er¬ 
fordert einige Zeit." — Eigentlich aber war er fest entschlossen, 
Mexico nie wieder zu verlassen, und täglich hoffte er, die Ver¬ 
stärkung aus Spanien eintreffen zu lehen, die er sich vom Kaiser 
Karl ausgebeten hatte. Er ahnete nicht, welch ein Ungewitter 
sich jetzt über ihm zusammenzog. 
„Ihr habt nicht erst nöthig, Schiffe zu bauen," sagte eines 
Tages Montezuma zum Cortez und zeigte ihm ein Gemälde, wel¬ 
ches ihm seine Schnellläufer aus der Provinz zugesandt hatten. 
Es war auf weißen Kattun gemalt und stellte eine Flotte von 
18 Schiffen dar. Wie freute sich Cortez! „Das sind", dachte er,
	        
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