Die Karolinger. — Karl der Große. 65
wurden Musterwirtschaften eingerichtet, in denen die peinlichste Ordnung
herrschen mußte. Dem scharfen, kundigen Auge des Königs konnte nichts
entgehen. Er selbst verfaßte ein mit großer Sachkenntnis angefertigtes
„Kapitnlar über die königlichen Güter", in dem er genaue Vorschriften
erteilte über die Zucht der Haustiere und Bienen, über Acker- und Obst-
bau, Gärtnerei und Fischerei, über Bereitung Uon Honig, Wachs, Wein
und Bier. Dem Handel, der damals in den deutschen Landesteilen
meist noch von Italienern und Juden betrieben wurde, öffnete er neue
Bahnen. Eine große Handelsstraße ging den Rhein entlang und verband
Mittelmeer und Nordsee; eine andere ging von der Elbmündung zur
mittleren Donau und von hier einerseits zum Schwarzen, andererseits
zum Adriatischen Meere. Zu Bonlogne erbaute Karl einen Leuchtturm,
über den Rhein bei Mainz eine steinerne Brücke. Er schon dachte daran,
durch einen Kanal die Altmnhl mit der Rednitz und auf diesem Wege
die Nordsee mit dem Schwarzen Meere zu verbinden. Zur Erleichterung
des Handels führte der Kaiser einheitliche Münzen und Gewichte ein.
Karl der Große ließ aus 1 Pfund (etwa 400 g) Silber 20 Solidi oder
240 Denare prägen; 1 Solidus hatte also nach unserm Gelde einen Wert von 4,50 JL
Die deutsche Bezeichnung für Solidus war Schilling, für Denar' aber Schatz oder
Pfennig. Das Wergeld (S. 12) eines Freien betrug bei den Franken 240 Solidi.
Für 1 Denar kaufte man etwa 10 kg Roggenbrot oder 12 kg Weizenbrot oder
2 Hühner. Der Durchschnittspreis eines Ochsen betrug etwa 6 Solidi, der eines
Pferdes das Zwei- bis Dreifache.
Auch für die Pflege der Baukunst hat Karl viel gethan. In
seiner Lieblingsstadt Aachen, in Ingelheim und Nimwegen erbaute er
herrliche Pfalzen (Paläste), in Aachen auch eine große Badeanstalt, in
der hundert Personen gleichzeitig baden konnten. Alle diese Bauten sind
sast vollständig verschwunden; nur die Kapelle aus der Aachener Pfalz
ist uns im dortigen Münster erhalten. Karl hatte den Marmor
dazu aus Ravenna herbeischaffen lassen. Ans achtseitiger Grundfläche
steigt sie empor, während man sonst damals bei Kirchenbauten noch
immer die Basilikenform (I. Fig. 35) anwandte; oben umkreiste sie ein
zwiefacher Umgang von schönen, mit Säulen gezierten Arkaden. (Fig. 7.)
(Vgl. Schillers „Der Gras von Habsburg".)
4. Karls des Großen Wrivatteöen und sein Jod.
Karls Leben hat sein Freund und Geheimschreiber Eginhard in
einem besondern Buche beschrieben. Karl war in Körperbau, Gang und
Haltung das Muster eines Helden (Fig. 8); noch bis in sein hohes
Alter übte er sich im Reiten, Jagen und S^wimmen. In Speise und
Trank war er mäßig, in der Kleidung einfach; nur bei festlichen Ge-
legenheiten erschien er in kaiserlicher Pracht. Der Ruhm seines Namens
Hoffmeyer ttnbjjering, Lehrbuch für faeit Geschichtsunterricht. II. Teil. 5