85
Rechtliche Begriffe.
1. Besitztum.
Nach dem BGB. besteht der Besitz einer Sache in der Erlangung
der tatsächlichen Gewalt über dieselbe. Ehedem wurde der Besitz durch
„Selbsthilfe" behauptet; diese Gewalt wird durch die „Gerichtshilfe"
heutzutage ersetzt. Aber nicht um seiner selbst willen genießt der Besitz
diesen Schutz, sondern um den Willen des Besitzers zur Geltung zu
bringen.
Die Gewalt über den Besitz kann vom Eigenbesitzer oder vom
Nutzbesitzer ausgeübt werden. Letzterer kann z. B. der Nießbrauchs-,
Pfandrechts-, Pacht-, Mietbesitzer sein. Zu den Nutzbesitzern gehört auch
der Ehemann in bezug auf die eingebrachten Sachen der Frau, er ist
„unmittelbarer" Besitzer, die Ehefrau „mittelbare" Besitzerin derselben.
Uebertragen wird der Besitz a) durch Erbgang, b) durch Einigung
zwischen dem bisherigen Besitzer und dem Erwerber.
Beendigt wird der Besitz dadurch, daß der Besitzer die tatsäch¬
liche Gewalt über die Sache freiwillig aufgibt oder gegen seinen Willen
verliert.
Volkswirtschaftlich ist der Ausdruck „Besitz" fast gleichbedeutend
mit dem Begriff „Vermögen" (besitzende Klassen); strafrechtlich jedoch
von erheblichster Bedeutung, da die Störung des Besitzes sowohl Dieb¬
stahl als auch Unterschlagung sein kann; verwaltungsrechtlich haften
am Besitz mannigfache Rechte und Pflichten: Wahlrecht, Steuern, Ein¬
quartierungslast etc.
2. Das Eigentum.
Eigentum ist jene Sache, über welche deren Besitzer verfügungs¬
berechtigt ist, ohne Einspruch gewärtigen zu müssen. Wohl kann ein
Dritter zur Abwendung einer Gefahr auf das „Eigentum" einwirken,
aber der Eigentümer kann Ersatz des ihm entstehenden Schadens
verlangen.
Das Eigentum an Grundstücken kann nur nach Maßgabe des
Grundbuchrechtes erworben werden: Auflassungserklärung des Ver¬
äußerers und Eintragung für den Erwerber sind erforderlich. Das
Eigentum an beweglichen Sachen kann auf vielerlei Weise erworben
werden: Kauf, Uebertragung, Geschenk, Aneignung, Ersitzung, Fund etc.
Das Eigentum bildet eine der wichtigsten und bedeutsamsten
Grundlagen der heutigen Wirtschafts- und Rechtsordnung, da die ge¬
schichtliche, soziale und rechtliche Entwicklung der europäischen Kultur¬
völker darauf aufbaut.