54 Aus Deutschland.
Thalspalten, der untere Schwarzwald dagegen, der bis Pforzheim oder bis
zum Euzthale reicht, stellt ein Buntsandsteinplateau dar. Der obere
Schwarzwald hebt sich auf der Süd- und Westseite steil aus dem Rheinthale
empor und erscheint in düsterer, mächtiger Gestaltung; nach Osten uud Süd-
osten hingegen dacht er sich sehr allmählich ab, um mit dem schwäbischen
Jura und der schwäbischen Terrasse zusammenzufließen. Das Gebirge
hat in diesem Teile keinen Hauptkamm, dagegen einzelne Gruppen, welche
durch enge, tiefe und gewaltsam in das Gebirge eingerissene Thäler der
Rheinzuflüffe von einander geschieden werden. In mehreren der Hochthäler
finden sich, bis zu 1100 in hoch, kleine Seeen und anderwärts lassen Kiesge-
schiebe und Saud das frühere Vorhandensein von ähnlichen Hochseeen erkennen.
Den Zentralknoten und Kern des oberen Schwarzwaldes bildet die Gruppe
des Feldberges.
Wenden wir uns vom Bodensee aus dem Schwarzwalde zu, so kann es
nicht fehlen, daß wir uns auf einige Zeit durch die romantischen Ritterburgen
fesseln lassen, welche die Gipfel des fruchtbaren Höhgaus krönen. Hier thront
die Ruine der Feste Ho heutwiel, welche durch Victor von Scheffels Ekkehard ver-
herrlicht worden ist, fünf Jahre lang Joh. Jak. Moser als Staatsgefangenen be-
herbergte und endlich nach schmachvoller Übergabe vom französischen General
Vandamme 1800 gesprengt wurde. Weiter nordwärts folgen die mehr oder
weniger zerfallenen Festen Hohenkrähen und Hohenlöwen; etwas entfernter
liegt gegen Westen Hohen staffeln. — Haben wir von Schaffhanfen ans die
Station Albbruck erreicht, so treten wir in das reiche und landschaftlich nnge-
mein schöne Albthal ein. Die Kunststraße, welche uus führt, muß wegen der
Enge des Thales, das stellenweise ganz vom Gebirgsflnsfe erfüllt wird, seine
Zuflucht zu Tuuuelbauteu nehmen. Aus uusrer Wanderung werden wir nn-
ausgesetzt von prachtvollen Waldbildern gefesselt, die durch gewaltige Felsmassen
ein ernstes Gepräge gewinnen. Aber damit nicht eine trübe Stimmung nnfre
Seele erfülle, werden wir unaufhörlich auch an freundlichen Ortschaften vor-
übergeführt, die auf beiden Seiten die vorhandenen Thalweichungen bedecken.
Die Bergwände, welche bis zu 60 in senkrecht zur Thalsohle abfallen, machen
den großartigsten Eindruck, wenn sich, wie sofort am Eingange, mehrere Fels-
fchlnchten seitwärts aufschließen. Nachdem wir bei Oberkutterau iu die alte
von Waldshut herbeikommende Straße eingelenkt haben, tauchen bald vor uns
die stattlichen Kuppeln von St. Blasien im grünen Waldthale auf. Um die
hochragende Kirche gruppieren sich die Klostergebäude. Einst eine reiche, ge-
fürstete, hochberühmte Benediktinerabtei, birgt St. Blasien jetzt — welch eigen¬
tümlicher Wechsel! — eine Baumwollenfabrik. Die Kirche ist erst 1773 — 83
nach dem Muster des Pantheons in Rom erbaut worden und hat große Summen
gekostet; fchou bald darauf (1807) wurde sie säkularisiert. Von St. Blasien
ziehen wir weiter im Waldthale fort, bis wir nach über 2 Stunden Vorder-
und Hinter-Menzenschwand erreichen, von wo uns ein Führer in weiteren
IV2 Stunden zum „Feldberger Hofe" bringt. Der Feldberg (fast 1500 m)
ist einer der höchsten Punkte nnsers Vaterlandes; er trägt ans einem Rücken
mehrere Gipfel. Zwar ragt er aus dem Schwarzwalde nicht fo imposant empor,
wie der Jnselsberg aus dem Thüringerwalde, der Brocken ans dem Harze,
aber seine ganze Umgebung kennzeichnet ihn als den König des Schwarzwaldes.