250
Amerika.
Der gewaltigste Fluß, der Maranhon, kommt
aus mehrern Quellen, aus der Gegend des Bergsees
Lauricocha, und bestehet aus mehrern mächtigen Strö—
men (namentlich dem Ukagaley), die wieder andere
Flüsse oft von der Größe der Donau aufnehmen. Hie
und da drängt sich der Strom zwischen Felsen hindurch,
wo dann Strudel und heftige Strömungen entstehen,
so daß 3 Meilen in einer Stunde zurückgelegt werden.
Sein ganzer Lauf beträgt 900 Meilen, und bei seiner
Mündung ist er an 18 Meeilen breit. Durch einen gro⸗
ßen Fluß, den Rio negrovoder schwarzen Fluß, ist er
mit einem Aym des Orinoko und also mit diesem selbst
in Verbindung.
Wie verschieden müssen Klima und Erzeugnisse
in solchen hohen und kiefen Gegenden seyn. Die oͤst—
lichen Provinzen stehen Monate lang unter Wasser;
man lebt nur auf den Kanots, und nur die hohen
Bäume ragen aus dem Wasser hervor. Auf der Hoch—
ebene Quito (die 1500 O. M. hält) herrscht ewiger
Frühling, aber auf den die große Ebenen umschließenden
Gebirgen liegt ewiger Winter mit Schnee und Eis.
Sehr heiß sind die Küsten und die zwischen Gebirgen
eingeschlossenen Thäler. Die nasse vom April bis Sep—
tember dauernde Jahreszeit, wird von der trocknen durch
den Ostwind abgesondert, der Heere von Fischen in den
Maranhon aufwärts treibt, auf welche Indier und Kro—
kodile lauren.
An der Küste ist es auf einen 15 Meilen breiten
Strich immer zwar nebelvoll, aber doch regenlos, und die
Häuser daher sehr leicht mit Rohr und Binsen gebaut und
gedeckt, welches auch der Erdbeben wegen sehr nützlich ist.
Steigt man von der Küste nach den Cordilleras zu, so
kommt man in ungeheure Wälder, wo es 10 Monate
lang entsetzlich regnet, und, unter dem Gebrüll wilder
Thiere, taͤglich donnert und blitzt. Hier stürzen überall
Bäche herab, die der Maranhon verschlingt, und hier
ist die Feuchtigkeit so groß, daß Papier in dichtem Fell⸗
eisen verschlossen bald in Faͤulniß geht, ein frisch gelade—
nes Gewehr nach zwei Stunden nicht mehr kann abge⸗
feuert werden, und der Mensch nur auf hohen Pfählen
wohnen kann.