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Sinne Hauptstadt des Landes, als dieß bei den Hauptstädten in andern
Ländern der Fall ist; es ist Mittelpunkt des wissenschaftlichen, gewerblichen
und politischen Lebens. In Paris ist nebst Strassburg die einzige nach unsern
Begriffen vollstündige Universität Frankreichs (mit Salerno und Vologna die
älteste), mehrere Akademien, ungeheuere Bibliotheken und Kunstsammlungen,
aus allen Theilen des Reiches dort zusammengebracht; Paris ist ferner unbe⸗
dingt die erste Fabriks- und Handelsstadt in Frankreich; einzig in ihrer Art
die Fabriken der Gobelins Goblin (d. i. Gemäldetapeten). Für die politi⸗
schen Zustände ist Paris durchaus tonangebend; alle großen Umwälzungen ha⸗
ben sich hier zugetragen und die Geschichte von Paris ist auch die Geschichte
Frankreichs. Merkwürdige Orte sind im Norden: St Denis Sän Denih)
mit einer uralten Abtei, dem Schutzpatron Frankreichs Denis (Dionysius)
geweiht, der zuerst das Evangelium gepredigt haben soll. Hier ward im Mit⸗
telalter die Reichsfahne, Oriflamme, bewahrt, hier ist die Gruft der
Herrscher Frankreichs. Im Südosten von Paris liegt das feste Schloss
Vincennes [Wänsenn), im Westen das königliche Schloss St. Cloud
Sän Kluhl], die Seine herab Neuilly sMNöllji), das auch oft von Louis
Philippe bewohnt wurde; zwischen beiden das Dorf Boulogne Bulonj)]
mit schönem Geholz. Entfernter von Paris, noch nicht zwei Meilen von
Südwesten: Versailles, erst von Ludwig XIV. aus einem Dorfe zur
glänzenden Residenzstadt gemacht, die es bis 1789 blieb. Das prachtvolle
Schloss dient jetzt zur Gemäldegallerie; großer Park. Ringsum noch viele
Lustschlösser. Im Norden an der Seine St. Germain [San Schermän] und
acht Meilen oberhalb Paris Fontainebleau [Fontänbloh), auch mit
prachtvollem Schloss und Vorst, in der Geschichte oft genannt. Schloss und
Stadt Compiegne Kompjen] an der Oise im Norden.
Lyon, die zweite Stadt Frankreichs, zerfällt in zwei Theile: die Saone—
stadt, auf dem rechten Ufer der Saone, ist alt und hässlich; die Rhone—
stadt auf der Gabel zwischen beiden Strömen besser gebaut. Beide sind,
außer den Quais an den Strömen, nicht schön zu nennen. Der Handel der
Stadt ist bedeutend, ebenso die Fabriken in Seide, Sammt u. s. w.; in
den Seidenfabriken allein 90,000 Menschen beschäftigt.
Die der Größe nach dritte Stadt von Frankreich ist Marseille,
als Massilia von kleinasiatischen Griechen angelegt, fünf Meilen östlich vom
Rhonedelta. Marseille liegt hufeisenförmig um den Hafen, welcher — ein
Meisterstück der Vereinigung von Natur und Kunst! — über 1000 Schiffe
fasst. Wichtiger Handel nach Italien, Afrika und der Levante. Die Umge—
gend ist entzückend, und mit 5000 weißen Landhäusern besäet.
Bordeaux, die vierte Stadt Frankreichs, liegt am linken Ufer
des hier * Stunden breiten Garonne-Stromes. Bedeutender Handel, be—