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Im Gefühle seiner Macht verstieß jetzt Ottokar seine Gemahlin und vermählte
sich mit Kunigunde, einer Enkelin Belas IV: In Deutschland waren zwei Fremde
auf den Thron erhoben worden: Richard von Cornwallis und Alfons X. von Kastilien.
Ottokar hielt zu Richard und wurde von ihm 1262 mit Böhmen, Österreich und
Steiermark belehnt. Zu diesen Ländern erwarb er noch Kärnten und Krain.
Im Herzogtum Kärnten herrschte seit 1122 das Haus Spanheim. Herzog
Ulrich (1256—1269), der auch Landesherr von Krain war, war kinderlos
and vermachte seine Länder seinem Verwandten Premysl Öttokar II, der sie
1270 in Besitz nahm. So hatte Ottokar durch die Verbindung seiner Sudeten-
länder mit den Ostalpenländern ein Reich begründet, das vom Erz- und Riesen-
vebirge bis zur Adria reichte.
2, Rudolf von Habsburg und Premysl Ottokar Il.
Einige Zeit nach dem Tode des Königs Richard (1272) traten die
deutschen Fürsten auf die Aufforderung des Papstes Gregor X. und ohne
Rücksicht auf Alfons von Kastilien in Frankfurt zur Königswahl zusammen
and wählten am 1. Oktober 1273 einstimmig den Grafen Rudolf von
Habsbure,
Die Habsburger sind ein schwäbisches Geschlecht, das Güter im Elsaß,
im Breisgau sowie im Aargau und im Zürichgau in der Schweiz hatte. Bischof
Werner von Straßburg, der diesem Geschlechte angehörte, erbaute um 1020
in dem Winkel zwischen Aar und Reuß die Habsburg, die der Familie den
Namen gab. Die Habsburger erwarben die Landgrafschaft im Oberelsaß (Sundganu),
erhielten von Kaiser Friedrich I. die Grafschaft im Zürichgau, zu der auch
Zug, Schwyz und Unterwalden gehörten, und von Friedrich II. die Grafschaft
im Aargau (etwa den Kanton Luzern). Rudolf von Habsburg wurde 1218
geboren und vom Kaiser Friedrich II. aus der Taufe gehoben. Während des
Zwischenreiches. erwarb er beim Erlöschen der verwandten Grafen von Kiburg
deren Städte und Burgen in den heutigen Kantonen Thurgau, Glarus, Zug,
Schwyz und Unterwalden. Sein Besitz erstreckte sich auf dem linken Rhein-
afer von Breisach bis zum Bodensee und in Glarus bis an das Hochgebirge.
Rudolf verwaltete seine Güter musterhaft; durch seine mannhafte Tüchtigkeit,
seine Klugheit und Leutseligkeit war er weithin bekannt und beliebt.
Da Ottokar IL, der als der mächtigste Fürst Deutschlands selbst die
deutsche Königskrone erhofft hatte, nicht um die Belehnung mit seinen Erb-
landen nachsuchte, Vorladungen nicht beachtete, vielmehr die Gültigkeit der
Wahl Rudolfs bestritt, sprach dieser die Reichsacht über ihn aus und er-
öffnete 1276 den Reichskrieg gegen ihn.
König Rudolf fand Bundesgenossen an dem Erzbischof Friedrich von
Salzburg und dem Grafen Meinhard II. von Tirol; auch die Adeligen der
Länder Ottokars, die mit seiner strengen Regierung unzufrieden waren, neigten
sich dem neuen König zu. Als Rudolf in Österreich einrlickte, Meinhard in
Kärnten und Steiermark vordrang, verzichtete Ottokar auf die Alpenländer und