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Und schauerlich gedreht im Kreise,
Beginnen sie des Hymnus Weise,
Der durch das Herzzerreißend dringt,
Die Bande um den Frevler schlingt.
Besinnungräubend, herzbetörend^
Schallt der Erinnyen Gesang,
Er schallt, des Hörers Mark ver¬
zehrend,
Und duldet nicht der Leier Klang:
„W»hl dem, der frei von Schuld
und Fehle
Bewahrt die kindlich reine Seele!
Ihm dürfen wir nicht rächend nahn,
Er wandelt frei des Lebens Bahn.
Doch wehe, wehe, wer verstohlen
Des Mordes schwere Tat vollbracht!
Wir heften uns an seine Sohlen,
Das furchtbare Geschlecht der Nacht \
„Und glaubt er fliehend zu ent¬
springen,
Geflügelt sind wir da, die Schlingen
Ihm werfend umden flüchtigen Fuß,
Daß er zu Boden fallen muß.
So jagen wir ihn ohn' Ermatten,
Versöhnen kann uns keine Reu',
Ihn fort und fort bis zu den Schatten
Und geben ihn auch dort nicht frei."
So singend tanzen sie den Reigen
Und Stille, wie des TodesSchweigen,
Liegt überm ganzen Hause schwer,
Als ob die Gottheit nahe wär'.
Und feierlich nach alter Sitte,
Umwandelnd des Theaters Rund,
Mit langsam abgemess'nem Schritte
Verschwinden sie im Hintergrund. '
Und zwischen Trug und Wahrheit i
schwebet
Noch zweifelnd jede Brust und bebet j
Und huldiget der furchtbarn Macht, '
Die richtend im Verborgnen wacht,
Die unerforschlich, unergründet
Des Schicksals dunkeln Knäuel flicht,
Dem tiefen Herzen sich verkündet,
Doch fliehet vor dem Sonnenlicht.
Da hört man auf den höchstenStufen
Auf einmal eine Stimme rufen:
„Sieh da, sieh da, Timotheus,
Die Kraniche des Jbykus!"
Und finster plötzlich wird der Himmel
Und über dem Theater hin
Sieht man in schwärzlichtem Ge¬
wimmel
Ein Kranichheer vorüberzieh'n.
„Des Jbykus!" — der teure Name
Rührt jede Brust mit neuem Grame,
Und wie im Meere Well' auf Well',
So läuft's von Mund zu Munde
schnell:
„Des Jbykus, den wir beweinen,
Den eine Mörderhand erschlug?
Was ist's mit dem? Was kann er
meinen?
Was ist's mit diesem Kranichzug?" —
Und lauter immer wird die Frage
Und ahnend fliegt's mit Blitzesschlage
Durch alle Herzen: „Gebet acht,
Das ist der Eumeniden Macht!
Der fromme Dichter wird gerochen.
Der Mörder bietet selbst sich dar —
Ergreift ihn, derdasWort gesprochen,
Und ihn, an den's gerichtet war!"
Doch dem war kaum das Wort
entfahren,
Möcht' er's im Busen gern bewahren;
Umsonst! Der schreckenbleiche Mund
Macht schnell die Schuldbewußten
kund,
Man reißt und schleppt sie vor den
Richter,
Die Szene wird zum Tribunal
Und es gestehn die Bösewichter,
Getroffen von der Rache Strahl.
Fr. Schiller.
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