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§ 8. Attila, der Hunnenkönig (433—453).
§ 8.
Attila, der Hunnenkönig, 438—453.
1. Attilas Auftreten. Um die Mitte des 5. Jahrhunderts wurden
die Hunnen unter ihrem König Attila oder Etzel zum gemeinsamen
Schrecknis von ganz Europa, zur wahrhaften „Gottesgeißel" der Christen¬
heit, wie spätere Geschichtschreiber den Länderverwüster hießen. Im
Verlaufe eines Jahrzehntes hatte der sieggewohnte Barbare durch wieder-
holte Raub- und Plünderungszüge alle Länder vom Ural bis an den
Rhein unterworfen. Zu Hause sicherte er sich durch die Ermordung
seines Bruders Bleda (445) die volle Alleinherrschaft. Seine Holzburg,
um die sich ein stadtähnliches Dorf mit weiten Hallen, Gezeiten unb
Hütten zog, lag in Pannonien zwischen Donau und Theiß.
Attilas Äußeres zeigte, wie berichtet wird, die ganze Häßlichkeit des hunnischen
Stammes. Kurz und gedrungen von Wuchs, besaß er doch große Leibesstärke
und bekundete in Gang und Haltung die stolze Würde des Herrschers. Schrecklich
im Kriege, bewährte er sich gnädig gegen Schutzflehende. An seiner Umgebung
liebte er die Pracht, während er für sich in Nahrung und Kleidung höchst einfach
war. Seine Gäste aßen von goldenen und silbernen Geschirren, er selbst duldete
auf seiner Tafel nur hölzerne Gefäße. Bei Gastmählern liebte er um sich herum
Gesang und Spiel, während er selbst stets strengen Ernst bewahrte. Eine Schar
von Königen und Fürsten umgab den Gewaltigen und gehorchte seinen Winken.
Ja wenn er sein Schwert in die Erde stieß, bebten, so hieß es, hundert Völker^
und Rom und Konstantinopel zitterten in ihren Grundfesten.
2. Z)ie Kunnenschlacht 451. Um seine Macht auch über den
Westen Europas auszudehnen und dem Römerreich den Todesstoß zu
geben, brach Attila an der Spitze einer halben Million Streiter ans-
Pannonien auf und drang durch Deutschland über den Rhein in das
römische Gallien ein. Greuel und Verwüstung bezeichneten die blutige
Heerfahrt. In Gallien aber traten unter der Führung des römischen
Feldherrn Aetius die vereinigten Heere der Römer, Westgoten, Bur-
gunder und Franken dem Weltstürmer entgegen. In der großen Schlacht
auf den Katalaunischen Feldern (zwischen dem heutigen „Ehalons"
und Trohes) 451 wurde Attila völlig geschlagen, worauf er sich zum
Rückzug nach Pannonien entschließen mußte. Unter den zahllosen Opfern,
welche die grausige Schlacht hingestreckt, war auch der westgotische König
Theodorich. Doch war der Sieg nicht zu teuer erkauft, denn er bedeutete
zugleich einen Sieg der europäischen Kultur über die asiatische Barbarei,
einen Triumph des Christentums über das Heidentum.