Full text: Österreichische Vaterlandskunde für die oberste Klasse der Mittelschulen

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Die Städte entstanden wie in Österreich aus Suburbien, in denen 
sich fremde Kaufleute und Gewerbetreibende, namentlich deutsche, nieder- 
ließen, oder als ganz neue Anlagen. Die deutschen Kaufleute 
schlossen sich bald in Genossenschaften, Gilden, zusammen und erkauften 
sich . vom Landesherrn Privilegien, namentlich . einen eigenen Richter, 
deutsches Recht und selbständige Verwaltung. So entstand in dem Sub- 
urbium von Prag spätestens im 11. Jahrhundert eine deutsche Gemeinde 
(vicus Teutonicorum), welche von König Wenzel I. erweitert, mit einer 
Mauer umgeben und mit Nürnberger Recht begabt wurde. Neben dieser 
„Altstadt“ von Prag gründete Premysl Ottokar eine zweite deutsche Stadt 
(die heutige Kleinseite) mit Magdeburger Recht (1257). Seit Pfemys]l 
ÖOttokar I. wurden dann immer mehr Städte gegründet und mit Deutschen 
besetzt. Bald zählte man in Böhmen mehr als 20 solcher Städte, die im 
Westen das Nürnberger, im Norden (wo namentlich Leitmeritz hervor- 
ragte) das Magdeburger Recht erhielten. Als Oberhöfe galten für sie größere 
Städte in Böhmen und Deutschland. Noch mehr Städte mit deutschem Rechte 
entstanden in Mähren, wo. die pFemyslidischen Teilfürsten ihre Burg- 
flecken in solche Städte umwandelten. Olmütz wurde der ‚Hauptort für 
Städte mit Magdeburger, Brünn für solche mit Brünner Recht, welches 
dem Wiener ähnlich war — Der Bergbau auf Silber und Gold, zu dessen Betrieb 
man deutsche Bergleute namentlich vom Harz berief, gab Anlaß zum Entstehen 
von königlichen Bergstädten. Die erste Bergstadt, welche ein eigenes 
Bergrecht erhielt (1250), war Iglau. Dieses Iglauer Recht bildete dann 
das Muster für alle Bergstädte, nicht nur in den böhmischen Ländern, 
sondern auch in Ungarn, und. Iglau war der Oberhof aller dieser Städte, 
dessen Urteil oder Belehrung in strittigen Fällen eingeholt wurde. Nächst 
Iglau war als Bergstadt Kuttenberg von Bedeutung. — Neben diesen 
freien königlichen Städten entstanden auf dem Grunde geistlicher und 
weltlicher Großen auch hier untertänige Städte. Die Blütezeit erreichte 
das deutsche Städtewesen unter Premysl Ottokar II. 
Volkswirtschaftliche Verhältnisse. Der Ackerbau erhielt durch 
die Kolonisation nicht bloß eine weitere räumliche Ausdehnung, sondern 
hob sich auch infolge der Einführung einer besseren Bewirtschaftung des 
Bodens. Namentlich die Güter der Zisterzienser wurden in der Art des 
Ackerbaues (Hopfen), der Obst- und Weinkultur (das Elbegebiet in Nord- 
böhmen von Osseg aus kultiviert) Musteranstalten. Eine besondere Pflege fand 
hier wie in den Alpenländern die Bienenzucht infolge des steigenden 
Bedarfes an Wachs. Der Bergbau wurde seit Wenzel I. eine Hauptquelle 
des Reichtums der Könige. Die bedeutendsten Silberbergwerke waren in 
Iglau und Kuttenberg; in Eule soll man schon damals Gold bergmännisch 
gewonnen haben. Nebstdem wurde auf Silber auch an vielen anderen Orten
	        
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