Metadata: Grundriss der römischen Altertümer

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§ 65. Die Civilgerichte. 
Staat und seine Beziehung zu den Unterthanen berühren = Kri- 
minctlprozefs, auch lis capitalis genannt; und causae privatae, Rechts¬ 
sachen des Privaten = Civilprozefs. Dementsprechend zerfallen 
auch die darüber aburteilenden Gerichte in indicia 'publica und 
iudicia privata. Die Verhandlung eines Rechtsfalles ist actio; 
die Rechtsprechung selbst und die Befugnis dazu heifst iuris- 
dictio, womit namentlich die Civilgerichtsbarkeit des Prätors be¬ 
zeichnet wird. 
Bei den Römern war die Gerichtsbarkeit nicht von der Ver¬ 
waltung getrennt wie in modernen Staaten. Vielmehr besafsen 
alle höheren Magistrate zugleich Jurisdiktion, und die Konsuln 
heifsen sogar geradezu indices, die „Richter“ {Cie. de leg. 3, 3. 8. 
Liv. 3, 55). Nur die Kriminalgerichtsbarkeit (Blutbann) war nicht 
schon mit dem Amte gegeben, sondern mufste durch eine be¬ 
sondere Vollmacht (lex de imperio) dem Magistrate verliehen 
werden. Die Römer behandelten sodann die Untersuchung über 
einen Rechtsfall und die Aburteilung über denselben getrennt und 
wiesen erstere dem Magistrate, speziell dem Prätor, die Urteils- 
fällung aber besonders bestellten Richtern zu. Die Untersuchung 
über den Thatbestand und die im einzelnen Falle anzuwendenden 
Rechtsnormen bezeichnete man mit ius, die Entscheidung (Rechts¬ 
spruch) mit indicium. Daher die Ausdrücke in iure = Verhand¬ 
lung vor dem Tribunal der Magistrate (des Prätors), und in iu- 
clicio = Verhandlung vor dem (zuständigen) Gerichte (Einzel¬ 
richter). 
Anmerkung. Causa capitis (Cic. de orat. 1, 40 u. ö.) = Kriminal- oder 
Ivapitalprozefs; actio causae, Verhandlung eines Rechtsfalles; causam dicere 
— defendere; causa cadere, causam perdere — verlieren, causam obtinere = 
gewinnen; litigare (ius experiri) prozessieren. 
A. Die Civilgerichtsbarkeit. 
§ 65. Die Civilgerichte. 
1. In ältester Zeit entschied der König selbst die bürger¬ 
lichen Rechtshändel (causae privatae), und zwar, da es kein ge¬ 
schriebenes Recht gab, nach dem Herkommen. Servius Tullius 
setzte ein besonderes Gericht für Privatprozesse ein. 
2. Während der Republik hatten die Konsuln die erste Recht¬ 
sprechung, bis diese 366 v. Chr. ihnen abgenommen und zwei 
Prätoren als ständigen Civilrichtern übertragen wurde. Daneben 
übten auch die Censoren, Ädilen und Ärartribunen in ihrem 
Amtskreise eine gewisse Gerichtsbarkeit. Diesen Magistraten stan-
	        
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