Full text: Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands

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Wunderbar ist es, wie Jerusalem, das so viele Zerstörungen erlebte, sich 
immer wieder aus dem Schutt erhoben hat. Wer Judäa durchwandert, weiß 
kaum, ob er es das Land der Verheißung oder des Fluches nennen soll. In keinem 
Lande treten so wie hier die Güte und der Ernst Gottes ergreifend vor die mensch¬ 
liche Seele. 
6. 
Betrachten wir nun noch die Weltlage des heiligen Landes, so tritt uns immer 
klarer der Gedanke entgegen, daß keine Stätte geeigneter war zur Anzündung 
des Lichtes, das die Welt erleuchten sollte. Palästina liegt nicht nur im Mittelpunkt 
der AltenWelt, sondern auch in einer Gegend, wo vieleder großen Verkehrsstraßen 
der Völker zusammentrafen und theilweise noch zusammentreffen, Straßen, die in 
allen Richtungen bis in die entferntesten Länder führen. Außerdem lag es zur 
Zeit des Heidenthums ui der Mitte der Nationen, welche am frühesten menschliche 
Bildung angenommen hatten und zur höchsten Macht und Blüte gelangt waren: 
ringsherum wohnten die Aegypter, die Babylonier und Assyrier, die Phönizier und 
Syrer, die Griechen und die Römer und die Araber. So ist es denn wahr, was 
Hes. 5, 5 geschrieben steht: „Das ist Jerusalem, die ich unter die Heiden gesetzt 
habe und rings um sie her Länder." So war es diesen Völkern leicht, den Gott 
Israels kennen zu lernen und seine Herrlichkeit zu sehen; und als nachher die 
Apostel ausgingen, fanden sie gebahnte Wege, welche zu den entferntesten Gegenden 
der bekannten Welt führten. Diese Straßen aber berührten das heilige Land selbst 
nicht, sondern entweder im Norden die phönizischen oder im Süden die ägyptischen 
Städte. Das heilige Land ist eine Friedensinsel mitten im Ocean 
der Welt. Sie kann allem, was sie umgiebt, fremd bleiben, aber die ganze Erde 
ist ihren Bewohnern offen. In heiliger Einsamkeit und Stille reifte hier der Same 
des göttlichen Wortes, um dann mit wunderbarer Schnelligkeit unter alle Völker 
getragen zu werden. 
66. Blick in s Weltall. 
Jes. 40, 20: Hebet eure Augen in die Höhe und sehet! 
Wer hat solche Dinge geschaffen und führet ihr Heer 
bei der Zahl heraus, der sie alle mit Namen rufet? 
1. Die Erde und die Sonne. 
Nach dem Augenscheine und nach dem allgemeinen Glauben wäre die Erde 
mit allen ihren Bergen und Thälern eine große, runde Fläche, gleich einer unge¬ 
heuren, großen Scheibe. Am Rande derselben weiter hinaus kommt nichts mehr, 
dort ist gleichsam der Himmel an sie angefügt, der wie eine große, hohle Halbkugel 
über ihr steht und sie bedeckt. Dort geht am Tage die Sonne auf und unter, 
bald früher, bald später, bald links an einem gewissen bekannten Berg oder Haus, 
bald rechts, und bringt Tag und Nacht, Sommer und Winter, und bei Nacht der 
Mond und die Sterne, und sie scheinen nicht gar entsetzlich hoch über unsern 
Häuptern zu stehen. 
Das wäre nun alles gut, wenn's niemand besser wüßte; aber die Sternseher 
wissen's besser. Denn erstlich, wenn einer daheim weggeht und will reisen bis 
an's Ende der Erde, an den Rand, wo man einen aufgehenden Stern mit der 
Hand weghaschen und in die Tasche stecken kann, und er geht am ersten April vom 
Haus aus, so hat er den rechten Tag gewählt. Denn er kann reisen, wohin er 
will, durch Deutschland, durch Polen, durch Rußland, nach Asien hinein, durch 
die Mohamedaner und Heiden, vom Land auf's Wasser, und vom Wasser wieder 
auf's Land, und immer weiter. Aber endlich, wenn er ein Pfeiflein Taback ein¬ 
füllt und will daran denken, wie lang' er schon von den Seinigen weg ist, und 
wie weit er noch zu reisen hat an's Ende der Erde und wieder zurück, auf einmal 
wird's ihm heimlich in seinem Gemüth, es wird nach und nach alles, wie es da- 
Voterländisches Lesebuch. 22
	        
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