dann legte er rasch die Geige in des glücklichen Invaliden Schoß, und ehe 
der alte Mann ein Wort des Dankes sagen konnte, war er fort. 
Wer war das? ries das Volk. 
Da trat ein Herr vor und sagte: Ich kenne ihn sehr wohl, es war 
der berühmte Geiger Alexander Boucher (spr. Buscheh, ch 1861 zu Paris). 
Und ich glaube, es gab an diesem Abende zwei Glückliche mehr in 
Wien. 
W. O. v. Horn. 
53. Die Auktion. 
Auf der hohen Schule zu Göttingen studierte vor vielen Jahren ein 
junger Engländer, sehr reicher Leute Kind, der seine Lust am Reiten hatte. 
Er ritt einmal nach Northeim, einer kleinen Stadt vier Stunden von 
Göttingen. Als er ankam, sah er viele Menschen die Ratstreppe hinan¬ 
steigen. Was gibt's denn da oben? dachte er. — Er gab sein Pferd ab 
und stieg auch mit hinauf. In der großen Ratsstube war eine Auktion 
oder zu deutsch eine Versteigerung. Eben hatte der Ratsdiener den 
Schlüssel aufgehoben und schrie: Dreihundert fünf und neunzig Taler 
zum ersten, 395 Taler zum andern, 395 zum dritten und — vierhundert! 
rief der Student. Vierhundert zum ersten, zum andern, zum dritten und 
— kein Mensch bot mehr — und letzten! hieß es, und der schwere Schlüssel 
schlug nieder. — Mein Gott, was hab' ich denn erstanden? fragte der 
erschrockene Student; ich weiß ja gar nicht, wovon die Rede war. — 
Ein Haus! ein Haus! schrieen alle mit unmäßigem Gelächter. — Nun 
gut, antwortete er, das Hans verkaufe ich wieder, wenn auch mit einigem 
Schaden; hab' ich doch dafür mir und euch einen Spaß gemacht. Aber 
nun führt mich doch hin, daß ich sehe, welches jetzt mein Haus ist, und 
was ich für mein Geld erhalte. Der Ratsdiener schritt ihm voran, und 
viele Leute folgten nach. Hier, sagte jener, als er in einer engen Gasse 
still stand, dies ist Ihr Eigentum! Es tut mir leid, daß es nicht größer 
und schöner ist. Nun, sagte der Engländer, für 400 Taler kauft man 
keinen Palast. — Er trat ein und fand in einer armseligen Stube eine 
alte Frau sitzen, die bitterlich weinte und die Hände über ein Gebetbuch 
faltete. Was fehlt dir, gute Mutter? fragte er. Warum weinst du und 
tust so kläglich? — Ach Gott, erbarme dich, schluchzte sie, jetzt verkaufen 
sie oben im Rathause mein Häuslein, weil ich meine Schulden nicht 
bezahlen kann. Ich soll heraus, du lieber Gott! und weiß nicht wohin, 
ich arme, alte, kranke Frau. Wer wird mich aufnehmen, wenn es Gott 
nicht tut? Ja, komm', o Tod, und führe nnch nur fort! Wenn sie mich 
im Sarge hinausgetragen haben, dann tonnen sie ja die Hütte hinnehmen, 
die harten Menschen. — Sei ruhig, liebe Mutter, sprach der edle Eng¬ 
länder, dein Haus soll dir kein Mensch nehmen. Ich habe es gekauft 
und schenke dir es wieder. Von meinem Kaufgeld werden deine Schulden 
bezahlt werden. Ich will mir in deinem Hause ein kleines Stübchen 
zurecht machen lassen, und so oft ich nach Northeim komme, wohne ich 
bei dir. 
Chr. Hohnbaum.
	        
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