Full text: Handbuch der Geographie ([Ausg. C])

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Die Luftbewegungen. — Windregiouen. 771 
Die Entstehung aller dieser Strömungen läßt sich mit Hilfe der schematischen Figur 394 verstehen. 
Luft, die sich über einem stark erwärmten Gebiet der Erdoberfläche befindet, wird selbst stark 
durchwärmt und lockert sich dabei auf. Dadurch werden die darüberliegenden Luftschichten ge¬ 
hoben und müssen nach allen Seiten abfließen. Dies bewirkt aber eine Verminderung der Luft¬ 
menge über der erwärmten Erdoberfläche und somit ein Sinken des Luftdmckes, der an den Stellen 
steigt, denen in der Höhe die Lust zufließt. Umgekehrt kühlt sich über einer erkalteten Erdober¬ 
fläche die Lust ebenfalls ab und sackt zusammen. Dadurch müssen die Luftschichten der Höhe 
herabsinken, und aus der Umgebung fließt in der Höhe Luft zu, die eine Vermehrung der Luft¬ 
massen und somit ein Steigen des Luftdruckes am Boden verursacht, während in der weiteren 
Umgebung der Luftdruck sinken muß. Der Ausgleich der Druckunterschiede an der Erdoberfläche 
geschieht nach dem Buys-Ballotschen Gesetze. 
394. Schematische Darstellung der Wirkung ungleicher Erwärmung der Erdoberfläche auf die Lufthülle. 
Die Pfeile stellen die Bewegungsrichtung der Luftmafsen dar, die Buchstaben T (tief) und H (hoch) die daraus sich 
ergebenden Luftdruckverhältnisse an der Erdoberfläche, welche die Luftbewegung unten bedingen. 
Da die Erwärmung der Erde am Äquator am stärksten, an den Polen am geringsten ist, so 
müssen die höheren Luftschichten eine Neigung vom Äquator nach den Polen zu haben und in 
dieser Richtung zwei Strömungen Hervorrufen, die infolge der Erddrehung in höheren Breiten 
immer westlicher werden. 
In den erdnahen Schichten haben wir zum Ausgleich verschiedene Luftströmungssysteme. 
a) Der Kalmengürtel (s. Fig. 395). Die in den Äquatorialgegenden stark erhitzte Luft steigt in die 
Höhe, und wir haben über den niedrigsten Breiten einen ständigen, aufwärts gerichteten Luftstrom, der aber 
als solcher nicht fühlbar ist, so daß ein Windstillen- oder KalmengürteL entsteht, der sich infolge des längeren 
Sommers der nördlichen Halbkugel und der stärkeren Erwärmung ihrer größeren Landmassen zumeist auf 
ihr, viel weniger auf der südlichen ausbreitet. Die verdunstenden Wassermassen fallen täglich nachmittags 
wieder in starken Gewittern nieder. In den höchsten Luftgebieten scheint nur ein ö. Wirbel zu herrschen. 
b) Die Passatgürtel. Die aus dem Kalmengürtel in der Höhe nord- und südwärts abziehenden 
Luftsttöme müssen infolge der Drehung der Erde auf der nördlichen Halbkugel in S.W.-, auf der südlichen 
in N.W.-Winde übergehen. Sie heißen Gegen- oder Antipassate. Bei 30° n. und s. Br. sinken sie 
zum großen Teil, und in Erdnähe gelangt, vollenden sie ihren Kreislauf, indem sie in den Passatgürteln 
(s. Fig. 395) als N.O.- auf der nördlichen, als S.O.-Passat auf der südlichen Halbkugel wieder dem tro¬ 
pischen Kalmengürtel zustreben. Die Grenzender Passatgürtel folgen dem höchsten Sonnenstand und reichen 
je nach diesem bis etwa 27 oder 35°. Das Gebiet der überwiegend trockenen Passate wird von einem licht¬ 
blauen Himmel überwölbt, an dem nur die leichten Federwolken des Antipassats hoch oben wie lange Wetter¬ 
bäume in immer gleichmäßiger Richtung dahinziehen. Es herrschen jedoch die Passate uneingeschränkt nur 
auf dem Meere, denn wenn große Landmassen in der Nähe sind, so werden sie durch deren andersgeartete 
Erwärmung in die Monsune (s. unten) abgelenkt. Passatartige Winde außerhalb der Tropen sind die 
Etesien der Mittelmeerländer. (Näheres darüber s. S. 332.) 
e) Die mächtigen oberen Luftströme der Tropen behalten genug überschüssige Kraft, um bis in den 
subpolaren (d. i. den dem Polarkreise nahen) Gürtel zu gelangen, und werden hier, da sie mit der schnelleren 
Bewegung des Tropengürtels ausgerüstet sind und der ostwärts sich drehenden Erde vorauseilen, in der 
Höhe zu starken westlichen Wirbeln (s. Fig. 395). Dieses Gebiet, zu dem auch unser Vaterland gehört, 
ist vor allem der Kampfplatz der Maxima und Minima und dadurch das Gebiet der veränderlichen Winde 
mit überwiegenden Winden aus dem w. Quadranten. Auf dem in diesen Breitengraden fast ganz ozeanischen 
Gebiete der Südhalbkugel zeigt sich der westliche Wirbel in den fast ständig wehenden westlichen Winden, 
den „braven Westwinden" der Seefahrer. Innerhalb der Polarkreise selbst treten wieder vorherr¬ 
schend östliche Winde auf. 
i Vom ital. calma — Windstille. 
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