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Brücken gebaut werden; Berge dagegen sucht man zu umgehen, und
wo das nicht möglich oder die Erhebung nicht zu hoch ist, gräbt man
die Bahnstrecke aus, so daß der Zug manchmal rechts und links von
hohen Erdwällen, wie ein Fluh von seinen Usern, begleitet wird.
Nun kommt es aber zuweilen vor, daß man einen Berg nicht
umgehen, auch nicht ausgraben kann, weil er sich zu sehr ausdehnt.
Dann wird quer durch den Berg in gerader Linie ein mächtig großes
Loch gegraben und ausgemauert. Die Eisenbahn geht dann durch
diesen dunklen Gang wie durch einen langen Geller hindurch, und einen
solchen Gang nennt man einen Tunnel. — Woher kommt denn aber
das Rasseln, das starke Geräusch, das man im Tunnel hört? — Nun,
ihr wißt doch, wenn ihr im Keller sprecht oder singt, so hört ihr den
Schall viel stärker als im Freien. Gerade so ist es im Tunnel. Der
Dampfwagenzug macht immer Geräusch; geht er aber durch einen
Tunnel, so hört man dieses nur viel stärker, weil der Schall infolge
des Mauergewölbes verstärkt ist.
249. Der Wald im Winter.
Christian Brüning.
Draußen herrscht König Winter. Flüsse und Seen belegt er mit
Eis, und seine weiße Schneedecke breitet er über die Felder, dunkel
hebt sich der Wald ab vom hellen Grunde. Wir treten ein in den
schweigenden Forst. Auch hier liegt überall Schnee, aber unter ihm
befindet sich eine dicke Schicht abgefallenen Laubes, das wie ein
warmes Federbett all die feinen Würzelchen und die Keimlein, die
in den Samen am Boden schlummern, zudeckt, daß der Frost ihnen
nichts anhaben kann. Eichhörnchen und Eichelhäher haben viele,
viele Früchte der Waldbäume verzehrt, unzählige Eicheln, Buchein
und Haselnüsse als Wintervorrat versteckt, davon sehr viele so gut,
daß sie diese selbst nicht wiederfinden konnten. Dadurch sind sie
zu Gärtnern geworden, weil die in Erdlöchern untergebrachten Samen
später keimen und zu Pflanzen heranwachsen. Wenn die reifen
Früchte aber erst von den Bäumen herabgefallen sind, so können
die Tiere sie wegen ihrer Schutzfärbung am Boden nicht finden,
und so gleicht das abgefallene Laub am Waldesboden einem ge¬
waltigen Lagerhause, in dem ungeheure Schätze aufgespeichert sind.
Es gibt keinen Baum, keinen Strauch, kein Gewächs des Waldes,
das nicht seinen Anteil dazu geliefert hätte, von der riesigen,