210
Und — plumps! lag der Schultheiß mit seinen Gemeinderäten
in dem Brunnen. Jetzt weiß ich nicht, sind sie noch darin
oder nicht.
Der Kiebingen Mondfang.
Ein Bauer aus Kiebingen sah eines Abends den Mond im
Neckar und zeigte es sogleich im Dorfe an, daß man den Mond
fangen könne, da er im Neckar liege. Alsbald nahm er selbst ein
Netz, und viele Leute zogen mit ihm zum Neckar und sahen ganz
stille zu, wie er versuchte, den Mond zu fischen und zu fangen.
„Ätte, zieh, da hascht’n!“ rief ein Bub; allein der Mond schlüpfte
immer wieder aus dem Netze heraus.
Ein anderes Mal wollten sie den Mond in einem Schweine¬
stall fangen und festhalten; aber sie konnten die Tür nie schnell
genug zumachen; und dabei ärgerte sie der Mond noch; denn so¬
oft sie die Tür wieder aufmachten, saß der Mond vor ihrer Nase
schon wieder drin, wollte sich aber durchaus nicht einsperren lassen.
Weil die Kiebinger aber doch gar zu gern den Mond gehabt
hätten, so nahmen sie später noch einmal eine Stange und wollten
ihn vom Himmel wie einen Apfel vom Baume herunterstoßen.
Allein die Stange war nicht lang genug. „Man muß sie strecken!“
sprach einer, und sofort faßten zwei starke Bauern, indem sie ein¬
ander den Rücken zukehrten, die Stange an den beiden Endpunkten
unter den Arm, um sie auszudehnen, und zogen und zogen daran
aus Leibeskräften, bis endlich der stärkere den andern niederriß
und allein mit der Stange fortlief. „Es gabt, es gabt!“ rief er und
rannte immer weiter bis ins Dorf, indem er meinte, daß sich die
Stange verlängere. Seitdem heißen die Kiebinger „Mondfanger und
Stangenstrecker“.
164. Zwei Malunger Streiche. von cudwtg BecMtcin.
Der Sagenschatz desThüriugerlandes. 4. Teil. Meiningenu. Hildburghausen 1838. 8.12t.
Die Pantoffel.
Sinst kehrte ein Fremder in ein Wirtshaus zu Wasungen ein, allda
zu übernachten. Der hatte viel gehört von den Wasunger Streichen,
machte sich darüber lustig und sagte spöttisch zum Wirt: „Ich möchte
doch auch einmal einen Wasunger Streich sehen; könnt Ihr mir keinen
machen, Herr Wirt?" — „Ei, warum denn nicht," antwortete dieser,
„das kann wohl geschehen; harret nur!" — Als dieser Gast sich's
bequem machen wollte, zog er die Stiefel aus und begehrte, der Wirt
solle ihm ein Paar Pantoffel leihen. Das war dieser auch zu tun
willig, nahm die Stiefel und schickte kurz darauf die verlangten Pantoffel.
Am andern Morgen, da der Gast Weiterreisen wollte, begehrte er seine