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obachtung wählen wir einen sternklaren Dezemberabend. Gegen 6 Uhr erheben
sich die bekannten 3 Sterne des Jakobsstabes (Orion) über den östlichew
Horizont. Die bereits untergegangene Sonne befindet sich an einem nahezu
entgegengesetzten Punkte der Himmelskugel, ist also 180" vom Orion entfernt.
Nach einigen Tagen bemerken wir zur gleichen Abendstunde, daß der Orion
dem Meridian beträchtlich näher steht, wenn sich die Sonne (wie immer um
diese Zeit) über oder unter dem Westpunkte des Horizonts befindet. Das
Bogenstück zwischen Sonne und Orion ist also kleiner geworden. Die Sonne
har sich scheinbar dem Orion, der seine Stellung zu den übrigen Fixsternen,
nicht geändert hat, genähert. Nach etwa 90 Tagen (Mürz) hat die Sonne
schon den Westpunkt erreicht, wenn der Orion im Meridian steht. Sie ist
dem Orion 90°, also täglich 1° scheinbar näher gekommen, legt demnach in
1 Jahre einen vollen Kreis von W. nach O. am Himmelsgewölbe zurück..
Dieser scheinbare Jahresweg der Sonne heißt Ekliptik. Sie schneidet den
Himmelsäquator unter einem Winkel von 23 V20 (Tierkreis und seine Stern¬
bilder, s. Atlas!).
V. Umlauf der Erde um die Sonne.
Der deutsche Astronom Kopernikus, ein Zeitgenosse Dr. Nt. Luthers, hat
nachgewiesen, daß die jährliche Bewegung der Sonne nur eine scheinbare ist,
daß sich vielmehr die Erde im Laufe eines Jahres um die Sonne dreht.
Die scheinbare Sonnenbahn ist also ein Abbild der wirklichen Erdbahn. Wie
ein anderer deutscher Astronom, Kepler, bewiesen hat, ist die Erdbahn kein
Kreis, sondern eine fast kreisförmige Ellipse. In einem ihrer verhältnismäßig
eng bei einander liegenden Brennpunkte steht die Sonne, und die Erdachse bildet
mit der Ebene der Ekliptik einen Winkel von 66'//. Der Umlauf der Erde
um die Sonne, die Neigung der Erdachse und ihre sich parallel
bleibende Richtung bewirken die Entstehung der Jahreszeiten.
a) Am 21. März steht die Erde so zur Sonne, daß die senkrechten
Sonnenstrahlen den Erdüquator treffen und die Beleuchtungsgrenze durch die
beiden Pole geht. Diese teilt jeden Parallelkreis in zwei gleiche Teile, so daß.
bei der täglichen Umdrehung der Erde jeder Punkt ihrer Oberfläche ebenso
lange in der beleuchteten wie in der dunklen Hälfte verweilt. Daher sind an
diesem Tage ans der ganzen Erde Tag und Nacht gleich; auf der nördlichen
Halbkugel beginnt der Frühling, auf der südlichen der Herbst.
b) Vom 21. Mürz bis 21. Juni weudet sich der Nordpol der Erde
mehr und mehr der Sonne zu, bis am 21. Juni die senkrechten Sonnenstrahlen
den nördlichen Wendekreis treffen und die Lichtgrenze vom nördlichen Polar¬
kreis jenseit des Nordpols bis zum südlichen Polarkreis diesseit des Süd¬
pols verläuft. In diesem Zeitraum bleiben die Punkte der nördlichen Halb¬
kugel täglich länger in dem beleuchteten Teile und kürzere Zeit im Schatten.
Es nehmen also für sie die Tage zu, die Nachte ab. Das Gegenteil ist auf
der südlichen Halbkugel der Fall.
c) Vom 21. Juni an wendet sich der Nordpol der Erde von der Sonne
ab, bis er am 23. September dieselbe Lage einnimmt wie am 21. März.