- 569 - II 393
tausendstimmiger Jubel des von nah und fern herbeigeströmten Volkes mischte
sich in den Donner der Kanonen und in das Festgeläute aller Glocken Kölns.
b) Von bekannteren Dichtern sind Friedrich Rückert und Ludwig
Tieck nach Berlin berufen worden, Willibald Alexis (Wilhelm Häring) und
Ludwig Hesekiel schilderten die preußische Geschichte, Theodor Fontane
die Mark Brandenburg mit großer Liebe und Anschaulichkeit.
Welche Vorteile bringt die Pflege der Kunst? a) Wahre
Kunst erhebt das Gemüt und veredelt den Menschen, b) Die Kunstwerke bilden
einen dauernden Schmuck der Städte und ziehen viele Reisende an (Dresden,
Berlin).
e) Wodurch wurde der Ausschwung im Gewerbsleben herbei¬
geführt? 1. Dampfschiffe, Eisenbahnen und Telegraphen erleichterten den Ver¬
kehr. Durch die Eisenbahnen konnten Boden- und Gewerbserzeugnisse viel
schneller und billiger von einem Orte zum andern befördert werden, als früher;
der Arbeiter konnte sich auch in der Ferne Arbeit suchen; eine Hungersnot, wie
sie früher in einzelnen Gebieten so oft vorkam, konnte jetzt nicht mehr so leicht
eintreten. Während die erste Eisenbahn in Preußen 1838 gebaut wurde, besaß
Preußen 1857 bereits 4500 km Eisenbahnen (1890 aber 25 170 km mit einem
Anlagekapital von 6 425 1/2 000 M). Gerade für Preußen mit seinem lang
ausgedehnten Gebiete war die schnelle Beförderung durch Eisenbahnen und
Telegraph sehr wichtig.
2. Die Schiffahrt war in Preußen wenig entwickelt, weil a) keine
Kriegsschiffe vorhanden waren, welche die Handelsschiffe — besonders in fremden
Meeren schützen konnten; b) Preußen keinen guten Hafen an der Nordsee
i-iattc, der Seeweg aus der Ost-- in die Nordsee aber beschwerlich und gefährlich
war. Unter Friedrich Wilhelm IV. wurden daher 57 Kriegsschiffe mit 292 Ka¬
nonen gekauft, auch erwarb der König ein Gebiet von Via Quadratmeile am
Jadebusen nnd legte dort einen großen Kriegshafen an, der 1869 eröffnet
wurde und den Namen Wilhelmshaven erhielt.
Z. Die Entwickelung der Großindustrie trug dazu bei, daß ein
immer größerer Teil der Bevölkerung von Handel und Gewerbe lebte. In
Berlin bauteBorsig seine gewaltigen Lokomotivenfabriken; in Essen erhob
sich Krupps Gußstahlwerk zum ersten Stahlwerk und zur größten Geschützfabrik
der Welt. In Elberfeld-Barmen entstanden ungeheure Spinnereien, in Solingen
großartige Stahlfabriken; in Oberschlesien und den rheinisch-westfälischen Berg-
werkügegenden entstand ein Berg- und Hüttenwerk neben den: anderen, so daß
diese Gegenden bald zu den bevölkertsten in ganz Europa gehörten.
Auch die Landwirtschaft machte große Fortschritte. „Der Bauer, seit
einem Menschenalter ein Staatsbürger geworden und besser unterrichtet, zeigte
sich überall gelehrig, wo es seinen Vorteil galt; er pflanzte Lupinen an, die
auch auf dem magersten Sandboden gedeihen, verkaufte Landstücke, die er
mit Nutzen nicht selbst bebauen konnte, löste die Grundlasten seines Besitztums
ab, ahmte nach, was er bei den klug wirtschaftenden Rittergutsbesitzern sah.
^n vier Jahren (1849-52) wurden 204 Quadratmeilen (4 Millionen Morgen)
Landes urbar gemacht, - ein glänzendes Zeugnis für den Fleiß des preußischen
Bauers. (Pierson.)