Full text: Handbuch der brandenburgisch-preußischen Geschichte (2)

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tausendstimmiger Jubel des von nah und fern herbeigeströmten Volkes mischte 
sich in den Donner der Kanonen und in das Festgeläute aller Glocken Kölns. 
b) Von bekannteren Dichtern sind Friedrich Rückert und Ludwig 
Tieck nach Berlin berufen worden, Willibald Alexis (Wilhelm Häring) und 
Ludwig Hesekiel schilderten die preußische Geschichte, Theodor Fontane 
die Mark Brandenburg mit großer Liebe und Anschaulichkeit. 
Welche Vorteile bringt die Pflege der Kunst? a) Wahre 
Kunst erhebt das Gemüt und veredelt den Menschen, b) Die Kunstwerke bilden 
einen dauernden Schmuck der Städte und ziehen viele Reisende an (Dresden, 
Berlin). 
e) Wodurch wurde der Ausschwung im Gewerbsleben herbei¬ 
geführt? 1. Dampfschiffe, Eisenbahnen und Telegraphen erleichterten den Ver¬ 
kehr. Durch die Eisenbahnen konnten Boden- und Gewerbserzeugnisse viel 
schneller und billiger von einem Orte zum andern befördert werden, als früher; 
der Arbeiter konnte sich auch in der Ferne Arbeit suchen; eine Hungersnot, wie 
sie früher in einzelnen Gebieten so oft vorkam, konnte jetzt nicht mehr so leicht 
eintreten. Während die erste Eisenbahn in Preußen 1838 gebaut wurde, besaß 
Preußen 1857 bereits 4500 km Eisenbahnen (1890 aber 25 170 km mit einem 
Anlagekapital von 6 425 1/2 000 M). Gerade für Preußen mit seinem lang 
ausgedehnten Gebiete war die schnelle Beförderung durch Eisenbahnen und 
Telegraph sehr wichtig. 
2. Die Schiffahrt war in Preußen wenig entwickelt, weil a) keine 
Kriegsschiffe vorhanden waren, welche die Handelsschiffe — besonders in fremden 
Meeren schützen konnten; b) Preußen keinen guten Hafen an der Nordsee 
i-iattc, der Seeweg aus der Ost-- in die Nordsee aber beschwerlich und gefährlich 
war. Unter Friedrich Wilhelm IV. wurden daher 57 Kriegsschiffe mit 292 Ka¬ 
nonen gekauft, auch erwarb der König ein Gebiet von Via Quadratmeile am 
Jadebusen nnd legte dort einen großen Kriegshafen an, der 1869 eröffnet 
wurde und den Namen Wilhelmshaven erhielt. 
Z. Die Entwickelung der Großindustrie trug dazu bei, daß ein 
immer größerer Teil der Bevölkerung von Handel und Gewerbe lebte. In 
Berlin bauteBorsig seine gewaltigen Lokomotivenfabriken; in Essen erhob 
sich Krupps Gußstahlwerk zum ersten Stahlwerk und zur größten Geschützfabrik 
der Welt. In Elberfeld-Barmen entstanden ungeheure Spinnereien, in Solingen 
großartige Stahlfabriken; in Oberschlesien und den rheinisch-westfälischen Berg- 
werkügegenden entstand ein Berg- und Hüttenwerk neben den: anderen, so daß 
diese Gegenden bald zu den bevölkertsten in ganz Europa gehörten. 
Auch die Landwirtschaft machte große Fortschritte. „Der Bauer, seit 
einem Menschenalter ein Staatsbürger geworden und besser unterrichtet, zeigte 
sich überall gelehrig, wo es seinen Vorteil galt; er pflanzte Lupinen an, die 
auch auf dem magersten Sandboden gedeihen, verkaufte Landstücke, die er 
mit Nutzen nicht selbst bebauen konnte, löste die Grundlasten seines Besitztums 
ab, ahmte nach, was er bei den klug wirtschaftenden Rittergutsbesitzern sah. 
^n vier Jahren (1849-52) wurden 204 Quadratmeilen (4 Millionen Morgen) 
Landes urbar gemacht, - ein glänzendes Zeugnis für den Fleiß des preußischen 
Bauers. (Pierson.)
	        
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