Full text: Die Geschichte der neuesten Zeit (Bd. 4)

37. Der erste lombardische Krieg. 
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Da nun König Karl Albert von Sardinien und Papst Pius IX. 
(s. Nr. 38) im I. 1847 den Weg der Reformen betreten hatten, so machten 
sich in der angrenzenden Lombardei entsprechende Wünsche in Petitionen 
und Druckschriften geltend. Im Venetianischen formulirten Mauin, Moro- 
sini, Tommaseo diese Forderungen genauer-, von den Versprechungen des 
I. 1815 ausgehend, verlangte man Schutz der Nationalität durch Anschluß 
an den italienischen Zollverein, die Aemter sollten nur mit Italienern besetzt 
werden, die Söhne des Landes ihren nur 5jährigen Militärdienst im Lande 
leisten, die Kongregationen (Provincialstände) sollten Steuerbewilligungsrecht, 
die Municipalitäten größere Unabhängigkeit erhalten. Die Krone der ver¬ 
öffentlichten Wünsche war ein unmittelbar unter dem Kaiser stehender 
Viceköuig mit italienischen Ministern. Metternich, welcher, durch Preußens 
Beispiel gestachelt, bereit war, die Rechte der böhmischen und österreichischen 
Stände zu erweitern (s. S. 329), wollte dieses erst später den lombardisch - 
venetianischen Kongregationen gegenüber thun, da ein Zugeständniß jetzt 
den Schein der Unfreiwilligkeit in sich trüge. > 
Die Nationalen glaubten, da fortwährend Truppen in Oberitalien 
angehäuft wurden, ein indirecter Angriff sei klüger, als ein directer, und 
richteten jenen gegen die österreichischen Finanzen, den Nerv der Kriegführung. 
Indem man sich erinnerte, daß die Befreiung Nord-Amerika's mit dem Ver¬ 
zichten der Solonteen auf den Thee begonnen hatte, wollte man allgemein 
auf den Tabak und die Lotterie, zwei einträgliche Regierungs-Monopole, ver¬ 
zichten. Durch die Jnsultirung der öffentlichen Raucher kam es in den ersten Ta¬ 
gen des 1.1848 zu Demonstrationen: die Soldaten zogen mit Cigarren im 
Munde aus der Kaserne, die italienischen Grenadiere hatten sogar in jedem 
Mundwinkel eine Cigarre und bliesen angeblich den Civilisten die glühende Asche 
ins Gesicht, wurden aber dafür mit Steinen geworfen, bis sie von den Waffen 
Gebrauch machten und die angesammelten Volkshaufen aus einander sprengten. 
Die Provincialstädte säumten nicht, dem Beispiele der Hauptstadt in patrioti¬ 
schen Demonstrationen zu folgen, und da sich die Studenten vorzugsweise daran 
beteiligten, so wurden die beiden Universitäten Pavia und Padua ge¬ 
schlossen. Der gleichzeitige siegreiche Ausstand in Sicilien (s. S. 397), 
welcher auch in Frankreich die Februar-Revolution beschleunigte, stei¬ 
gerte die Aufstandsgelüste in der Lombardei um so mehr, als in Piemont, 
Toscana und Rom die Regierung den Wünschen des Volkes ent¬ 
gegenkam. 
Auf die Nachricht von dem Siege der Wiener März-Revolution brach 
am 18. März der Aufstand in Mailand los. Der' 82jährige Feld¬ 
marschall Gras Joseph Radetzky, der noch unter Laudon 1788 im Tür¬ 
kenkriege und seitdem in allen Kriegen Oesterreichs mit Auszeichnung 
gefochten hatte und 1831 Gouverneur der Lombardei geworden war, zog 
nach einem zweitägigen, erbitterten Straßenkmnpfe die Truppen aus dem 
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