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Die deutsche Kaiserzeit 919 -1250.
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stand noch 5 Jahre lang in einer ungeweihten Kapelle am Dom zu
Speier, bis sie vom Banne losgesprochen wurde.
Rückblick. Heinrich IV., der unter allen deutschen Königen das tragischste
Schicksal gehabt hat, ragte unter seinen Zeitgenossen hervor durch
Gaben des Leibes, des Verstandes, des Willens. Von unbezähm-
barer Leidenschaft in der Jugend, wo ihm eine starke, zum Guten
leitende Hand fehlte, durch schwere Schicksale sodann geläutert und
zum gerechten und versöhnlichen Regenten herangereift, hat er zwar
das Ziel einer gewaltigen Machtverstärkung des Königtums nicht er-
reichen können; indessen hat er, im Kampfe mit dem Papsttum,
das seine Machtansprüche auf das höchste steigerte, im Kampfe mit
dem unbotmäßigen, fehdelustigen deutschen Adel, der sich auf die
Eifersucht der Stämme stützte und die deutsche Krone zu einer Wahl-
kröne machen wollte, nur zeitweilig und teilweise unterstützt von
den deutschen Bischöfen, die einst die stärkste Stütze der deutschen Könige
gewesen waren, getragen dagegen von der lebhaften und begeisterten
Zuneigung des aufblühenden deutschen Bürgertums, von den Rechten
des deutschen Königtums keines preisgegeben.
im.
Heinrich V. 1100 — 1125*
§ 57. Heinrich V. war ein harter und finsterer Charakter, der
die Gewaltthat nicht scheute, wenn er dadurch seine Zwecke erreichte. Die
ErsterRömer- Frage der Investitur dachte er auf einem Römerzug zu entscheiden,
den er mit 30000 deutschen Rittern antrat. Der mit Paschalis II.
zu Sutri abgeschlossene Vertrag bestimmte im Sinne der solgerich-
tigen Kluniazenser, daß der König auf die Investitur, die Kirche
aber auf alle Regalien, die sie seit Karl dem Großen erhalten hatte,
verzichten solle. Aber als in der Peterskirche der Vertrag verlesen
wurde, erklärten ihn die Bischöfe für unausführbar, und es entstand
ein Aufstand der Römer. Da ließ Heinrich Paschalis festnehmen,
führte ihn mit sich in die Campagna und nötigte ihn auf die In-
vestitur zu verzichten, ihn zu krönen und zugleich zu versprechen ihn
nicht bannen zu wollen. Siegreich kehrte er nach Deutschland zurück
und bestattete mit kaiserlichem Prunk die Leiche seines Vaters im
Dom von Speier.
Zwar nicht der Papst, aber der Erzbischos Guido von Vienne
sprach den Bann über Heinrich aus. In Deutschland aber entstand
gegen die erstarkte königliche Macht ein Fürstenaufstand, dessen Führer
Lothar von Supplinburg war, der reichste Grundherr in Sachsen
und Erbe der ausgestorbenen Billunger in ihrem Besitz und der
herzoglichen Würde. Heinrich konnte der Aufständischen nicht Herr
ms. werden; am Welfesholze bei Mansfeld erlitt er eine völlige Nieder-
Fürstenaus-
stand.