Vorwort.
Die ländlichen Fortbildungsschulen kommen zu immer größerer Bedeutung
und Verbreitung. In nicht wenigen deutschen Staaten ist der Pslichtbesnch bereits
gesetzlich angeordnet. Immer dringender tvird er überall und für alle Jünglinge
gefordert. Die ländlichen Fortbildungsschulen sind ein dringendes Bedürfnis für
den so wichtigen Bauernstand. Ohne eine tüchtige Berufsbildung kann er in dem
erschwerten Wettkampfe nms Dasein nicht obsiegen. Die ländlichen Fortbildungs¬
schulen sollen der Bildnngsarbeit der Volksschule den so nötigen Ausbau und Ab¬
schluß geben. Die Schulerziehung bricht leider 511 einer Zeit ab, wo sich kaum die
ersten Fruchtansätze zeigen. Noch ist die Zucht nicht zur Selbstzucht, der Unterricht
nicht zum Selbstunterrichte geworden!; da öffnet sich die Schultür und entläßt den
werdenden Jüngling in die Freiheit und ihre vielen Gefahren. Mit der Schultür
klappen für viele alle Bücher zu. Wie aber Sieg nur in der Wahrheit, fo ist
dauernder Erfolg nur in der Stetigkeit zu finden. Nirgends gilt das mehr als bei
der Bildungsarbeit. Darum gehört in die klaffende Erziehungslücke zwischen der
Schul- und Militärzeit die Fortbildungsschule als geistige, sittliche und berufliche
Bildnngsanstalt. Sie soll die Brücke von dem Lernen der Schule in den Gebrauch
des Lebens, von der allgemeinen Erziehungs- in die besondere berufliche Bildungs¬
pflege schlagen. Leider kann dein Unterrichte nur eine beschränkte Zeit gewidmet
werden. Es müssen darum Bildungshelfer den Schüler ins Haus begleiten. Einer
der besten muß das Lesebuch sein. Es soll alt und jung unterhalten und belehren,
erfreuen und beraten. Es soll den Geist anregen, das Herz erwärmen, den Willen
kräftigen, die Sitten bilden und zum Berufe tüchtigen.
Leben und Beruf des Landwirts in allen seinen Beziehungen muß darum
der Inhalt des Buches, der Vorstellungs-, Lebens- und Pflichtenkreis des Land¬
manns der leitende Gesichtspunkt für die Auswahl unb Anordnung des Stoffes
sein. Nach diesem Grundsätze ist unser Lesebuch zusammengestellt. Es begleitet
den jungen Landwirt nach und nach auf alle seine Lebens- und Pflichtgebiete.
Durch Lied und Spruch, durch Erzählung und Belehrung sucht es ihn: seinen Be¬
ruf lieb und leicht, sein Leben freundlich und fruchtbar machen zu helfen. Möchte
das Buch dein so überaus wichtigen Bauernstande zu geistiger, sittlicher und
beruflicher Förderung gereichen! Möchte es recht vielen ein lieber Hausfreund und
freundlicher Arbeitshelfer werden!
Tie Herausgeber.
Vorwort zur fünften Anflaqe.
Die fünfte Auflage folgt der vierten so rasch, daß einschneidende Verände¬
rungen weder möglich noch notwendig waren. Gemäß dem Düsseldorfer „Entwurf
eines Lehrplanes für ländliche Fortbildungsschulen" ist die Lebens- und Bürger-
kunde sowie die Gesundheitslehre und Berufs künde noch mehr als bisher
berücksichtigt worden. Ebenso sind die „Verhandlungen des Königlichen Landes-
Ökonomie-Kollegiums in Berlin 1908" über die Gestaltung des Unterichts in
ländlichen Fortbildungsschulen sorgfältig beachtet.
Möchte das Buch auch weiterhin der geistigen, sittlichen und beruflichen Bil¬
dung unserer Landjugend gute Helferdienste leisten!
Treffurt am 18. Oktober 1909.
Friedrich Polack.