Full text: Deutsche Geschichte von der Französischen Revolution ab (Teil 5)

Der französisch-russische Krieg 1812. 
23 
Die russischen Truppen, die weit schwächer waren, stellten sich nicht zur 
Schlacht, sondern zogen sich in das Innere des Landes zurück. In schnellem 
Marsche folgte ihnen der Feind; aber die Landschaften, die er durchzog, 
waren öde und arm, es mangelte an Nahrungsmitteln, mörderische Krank- 
hetten rissen ein, und schon jetzt löste sich im Heere die Zucht und Ordnung 
in erschreckender Weist. Bei S m o l e n s k wurden die Russen geschlagen. 
Auch in der blutigen Schlacht bei B o r o d i n o an der Moskwa siegten die 
Franzosen. Einige Tage später, im September d. I., zog Napoleon in 
Mo s k a u ein; da wurde die Stadt durch eine auf Befehl des Gouverneurs,s™*btaöuon 
des Fürsten Rostopschin, angelegte Feuersbrunst zum großen Teile in Asche 
gelegt, mit ihr ein Teil der Magazine, aus denen sich die Franzosen hatten 
verpflegen wollen. 
Länger als einen Monat blieb Napoleon in der verbrannten Stadt; 
er hoffte immer noch, daß Alexander Frieden schließen würde. Aber dieser 
beharrte dabei, den Krieg fortzusetzen, und wurde in diesem Entschluß 
bestärkt durch den Freiherrn vom S t e i n , den von Napoleon geächteten 
früheren preußischen Minister, den er zu sich berufen hatte. So trat 
Napoleon denn den Rückzug an. Die Hast des Marsches führte bald 
eine völlige Zerrüttung der Mannszucht herbei; dazu trat nicht nur der 
Hunger, sondern zugleich die Kälte, das Glatteis, der Schnee, die Ver- 
folgung durch die Feinde, um das Ende der Armee herbeizuführen. Die 
Pferde stürzten; von den Soldaten warfen viele die Gewehre fort, viele 
blieben erschöpft liegen und erfroren, viele fielen in die Hände der Kosaken. 
Das schwerste Schicksal traf das flüchtige Heer beim Ubergang über die von 
Eisschollen erfüllte Beresina. Zwar gelang es Schiffbrücken zuBeresina. 
schlagen, über welche trotz der feindlichen Angriffe die Truppenteile, die 
noch Waffen trugen und in Reih und Glied marschierten, hinübergeführt 
wurden; der ungeordnete Rest aber kam zumeist teils in den Fluten, teils 
durch die Kanonen der Russen, teils durch die Kälte um. Geringe Reste 
des Heeres retteten sich in kläglichem Aufzuge nach Preußen. Der Kaiser 
selbst eilte über Warschau und Dresden nach Paris. Der Welt verkündete 
er den Untergang der großen Armee durch das 29. Bulletin, das mit den 
Worten schloß: „Die Gesundheit Seiner Majestät ist nie besser gewesen." 
§ 24. Die Konvention von Tauroggen und die ostpreußische Er- 
Hebung. Auch der linke Flügel der großen Armee hatte den Rückzug ange- 
treten. Indessen erhielt der preußische General von Jork Anträge derN°rk. 
Russen, von den Franzosen abzufallen und zu ihnen überzugehen. Aork 
war ein eisenfester Soldat, oft schneidend schroff und rücksichtslos, aber
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.