Deutschland und Preußen.
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Die Julirevolution machte überall in Europa den größten Eindruck.
Ihre wichtigsten Folgen waren ein großer Polen aufstand, der von Ken- _
den Nüssen erst spät und unter vielem Blutvergießen niedergeworfen werden
konnte, und eine Erhebung der Belgier, welche die aSereimgimg
Holland von vornherein nur ungern ertragen hatten und sich losrissen.
Unter Genehmigung der großen Mächte wurde ein Königreich Belgien ge¬
schaffen und zum König Leopold, Prinz von Sachsen-Koburg, ge-
wählt./
Deutschland und Preußen.
§ 37. Nationale und liberale Bestrebungen in Deutschland. Auch
in Deutschland war ein Teil der Bevölkerung von Mißstimmung darüber
erfüllt, daß die Früchte der großen Kriege so wenig den nationalen Wün-
schen entsprochen hatten, und sehnte sich nach einer Besserung der politischen
Zustände. Die Zerrissenheit Deutschlands war wiedergekehrt, ein
starkes, einiges Vaterland nicht geschaffen worden. Auch die Hoffnung,
daß in den deutschen Staaten Volksvertretungen geschaffen wür-
den, erfüllte sich nur teilweise; die beiden Großmächte Österreich und
Preußen wurden auch serner absolutistisch regiert. Besonders die studie-
rende Jugend war es, die solche Wünsche und Stimmungen pflegte; und
die B u r s ch e u s ch a f t, welche im Jahre 1815 auf der Universität Jena
gegründet wurde und sich von dort bald nach anderen Hochschulen ver- _Ä-
breitete, war der Sammelpunkt für die, welche diesen Bestrebungen
huldigten. Der nationale und religiöse Geist, der' die Mehrzahl ihrer
Mitglieder erfüllte, kam auf dem W ar t b u r g f e ftj», das im Jahre-
1817 zum Andenken an die deutsche Reformation und zugleich an die
Schlacht bei Leipzig veranstaltet wurde, deutlich zum Ausdruck. Daß
indessen bei dieser Gelegenheit von einer Gruppe von Studenten
auch einige politisch mißliebige Bücher öffentlich verbrannt worden
waren, wurde von der österreichischen und anderen Regierungen als ein
Anzeichen revolutionärer Gesinnung aufgefaßt; und dieser Verdacht schien
sich zu bestätigen, als im Jahre 1819 ein irregeleiteter Student namens
Sand den Lustspieldichter und russischen Staatsrat K o tz e b u e, weil er
ein von der russischen Regierung besoldeter Spion sei, in Mannheim er-
mordete. Aus Metternichs Betrieb traten die Minister der deutschen
Staaten zu Karlsbad zusammen und faßten gemeinsame Beschlüsse.ffar®J;bet
Die Burschenschast wurde verboten, die Preßfreiheit aufgehoben und für Beschlüsie.
alle Druckschriften von geringerem Umfange eine staatliche Zensur einge-
führt; ferner wurde iu Mainz eine Zentraluntersuchungskommission einge-
setzt, der es indessen nicht gelang, die vermuteten „demagogischen Umtriebe"