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Das Zeitalter der Zerstörung des alten und der Entstehung des neuen Reichs.
nachzuweisen. Diese Maßregeln weckten starke Erbitterung. Besonders
die preußische Regierung, die sogar so patriotische und verdiente Männer
wie Arndt und Jahn durch Polizeimaßregeln verfolgte, zog sich vielen
Haß^zu; Preußen galt weithin als das „Land der Reaktion".
'z Als nun im Jahre 1830 die Julirevolution ausbrach und
Erfolg hatte, trat auch in Deutschland eine stärkere Erregung der Gemüter
ein, die sich an mehreren Orten in Aufständen Luft machte. Doch wurden
diese meistens schnell überwältigt. Auf Metternichs Betrieb faßte darauf
der Bundestag von neuem Beschlüsse zur Unterdrückung aller freiheitlichen
Bestrebungen. Auch die Burschenschaft wurde von neuem verboten; mehrere
ihrer Mitglieder, dabei der junge Fritz Reuter, wurden damals zu-
nächst zum Tode verurteilt, dann zu langjähriger Festungsstrafe begnadigt,
über die er in seiner Schrift „11t mine Festungstid" berichtet hat.
§ 38. Preußen. Der Zollverein. Friedrich Wilhelm III.
hatte im Jahre 1815 aus des Staatskanzlers Hardenberg Veranlassung
das Versprechen gegeben, Reichsstände, d. h. eine Volksvertretung zu schaffen.
Aber in ängstlicher Besorgnis, damit einen Schritt zu tun, der die revo-
lutionären Bestrebungen erleichtern und ermutigen könnte, hat er dies Ver-
Provtnzial-stechen nicht erfüllt; die von ihm geschaffenen Provinzialstände
konnten nicht als Ersatz für Reichsstände gelten.
Dennoch blieb Preußen auch ferner der Staat, aus dem die Hoff¬
nungen Deutschlands ruhten. Eben jene Periode war erfüllt von einer
angestrengten, vielseitigen und gesegneten Verwaltungstätigkeit. Die
Heer.Grundlage des Staats, das Heer, wurde neu organisiert. Die allge-
meine Wehrpflicht, die zunächst nur für die Zeit des Befreiungs-
krieges geschaffen worden war, hielt Friedrich Wilhelm fest. „Jeder Ein-
geborene ist, sobald er das 20. Jahr vollendet hat, zur Verteidigung des
Vaterlandes verpflichtet", hieß es in dem neuen Wehrgesetz. So blieb das
Verwaltung, preußische Heer ein Volksheer. Ferner mußte die Verwaltung des
Staates, der eine so starke Vergrößerung erfahren hatte, neu geordnet
werden. Das Land wurde in acht Provinzen geteilt, deren Leitung Ober-
Präsidenten zugewiesen wurde, diese in Regierungsbezirke, die von den
Regierungen und den an ihrer Spitze stehenden Regierungspräsidenten ver-
waltet wurden; die Regierungsbezirke endlich zerfielen in Kreise, deren
oberste Beamte die Landräte waren. Das Beamtentum Preußens,
pflichttreu und kenntnisreich, ward kaum von dem Beamtentum eines
anderen Staates erreicht; seiner Tätigkeit besonders ist es zu danken, daß
auch die neuerworbenen Gebiete verhältnismäßig schnell mit den alten
Provinzen zusammenwuchsen. Auch für das geistige Leben sorgte