28. Pippin.
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entgegen, „ein rnuthvoller Hüter der ihm anvertrauten Heerde*. Da er weder
Aistulf znm Frieden noch den byzantinischen Kaiser zur Hülfeleistung be¬
wegen konnte, so wandte er sich im Frühjahre 753 jenem abendländischen
Volke zu, welches seit drei Jahrzehnten mit immer steigender Verehrung sich
dem Nachfolger Petri angeschlossen und zu dem schon einmal vor 14 Jahren
ein Vorgänger Stephau's (Gregor III.) in ähnlicher Lage seine Znflucht
genommen hatte (f. S. 79) — dem Volke der Franken. Zum ersten Male
seit dem Bestehen des römischen Stuhles entschloß sich ein Papst, Italien zu
verlassen, um seine Schritte nicht ostwärts, wie früher wohl geschehen, sondern
nach dem Westen zu wenden. Um den (früher erlebten) Widerstand der
fränkischen Großen gegen einen italienischen Krieg zu beseitigen, erließ
der Papst eine Aufforderung an dieselben, seine Bitte um Hülfe bei Pippin
zu unterstützen. Darauf begab er sich mit einem zahlreichen geistlichen und
weltlichen Gefolge int October 753 über den großen St. Bernhard ins
Frankenreich nach dem Schlosse Ponthion (unweit Bar le Duc). Pippin kam
ihm mit seiner Familie und seinem Gefolge eine Stunde Weges entgegen, stieg
beim Anblicke des Papstes vom Pferde, kniete demuthvoll nieder und ging
dann eine Strecke weit, wie ein Marschall, neben dem Rosse des H. Vaters
Her. Am Tage nach der Ankunft im Schlosse gelobte Pippin dem Papste,
die Vertheidigung der Kirche übernehmen zu wollen. Das den Longobardcn
zu entreißende Land sollte in den Besitz des Papstes kommen — das war
der Inhalt der zu Quiercy (an der Oise) mit Zustimmung der Großen des
fränkischen Reiches 754 vollzogenen Pippin’schen Schenkung; von einer
speciellen Angabe der geschenkten Ortschaften konnte vor dem Kriege nicht
die Rede sein, da ja der Ausgang des Kampfes erst über das Maß der
Schenkung entscheiden konnte. Da der päpstliche Staat, wie er von den
Franken gegründet war, des fortwährenden Schutzes derselben bedurfte, so
versprach Pippin auch die Vertheidigung desselben gegen künftige Angriffe
und begründete dadurch ein Schutzrecht, das in dem ihm vom Papste ver¬
liehenen Patriciatus Romanorum feinen Ausdruck fand. Indem der Papst
dem König nach alttestamentlichem Vorbilde die Salbung in St. Denis
ertheilte, bezeichnete er dessen Herrschaft als von Gott verliehen, und das
Oberhaupt des Frankenreiches erschien fortan, noch vor der Kaiserkrönung
Karl's des Großen, als alle andern Könige überragend, auf dem Gipfel
der weltlichen Macht. Die gleichzeitige Salbung der beiden Söhne Pippin's
bedeutete die Weihe der neuen Dynastie, deren Erblichkeit er dadurch
sicherte, daß er, unter Androhung der Excommunication, die Großen ver¬
pflichtete, künftighin nur aus dem Stamme Pippin's die Könige der
Franken zu nehmen. Zu Braine ward sodann, im Beisein des Papstes,
ein Reichstag gehalten, auf welchem Pippin den Adel des fränkischen
Reiches zu einer Heerfahrt nach Italien aufforderte. Viel Widerspruch
ward gegen die Heeresfolge außer Landes erhoben, doch Pippin besiegte