Full text: Vom Beginne christlicher Kultur bis zum Westfälischen Frieden (Teil 2)

IV. Der Dreißigjährige Krieg (1618 — 48). 
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ihres Besitzes beraubten Fürsten durch eine allgemeine Amnestie 
wieder eingesetzt. — Es sind nun also die Mündungen des Rheins, 
der Ems, der Weser, der Elbe, der Oder und der Weichsel in 
den Händen fremder Mächte. 
b) Kirchliche Bestimmungen. Die Gleichberechtigung 
der Bekenntnisse wurde von neuem festgestellt und auf die Re¬ 
formierten ausgedehnt und die Glaubensfreiheit nicht blofs den 
Reichsständen, sondern mit gewissen Einschränkungen auch den 
TJnterthanen (aufser in Österreich; seitdem schied Österreich aus 
der Gemeinschaft deutschen Lebens) gewährleistet. Als Norm für 
den Besitz geistlicher Güter wurde der 1. Jan. 1624 festgesetzt. 
So hatte sich die Reformation die europäische Anerkennung 
errungen. 
c) Yerfassungsbestimmungen. Der letzte Rest kaiser¬ 
licher Centralgewalt ging verloren; die Reichsstände erhielten 
volle Landeshoheit, durften sogar mit auswärtigen Mächten, nur 
nicht gegen Kaiser und Reich, Bündnisse schliefsen; das Reich 
wurde wesentlich ein Staatenbund selbständiger Einzelstaaten 
(Samuel von Pufendorf [Severino de Monzambano] „De statu 
Imperii Germanici über“ über die Monstrosität der Reichsverfas¬ 
sung 1667). Keine Reichsdiplomatie, kein stehendes Reichsheer, 
fast keine Reichseinkünfte, keine Reichsminister. Ein Reichs- 
tagsbeschlufs bedarf der Übereinstimmung des Kaisers und des 
(240 Stimmen zählenden) Reichstages, der in 3 Kollegien zerfällt, 
den Kurfürstenrat (8 Stimmen), den Fürstenrat (69 geistliche, 
96 weltliche) und die Städte (61), wozu noch 2 Stimmen nicht 
gefürsteter Prälaten und 4 für sämtliche Grafen und Herren 
kommen. Alles politische Leben zog sich nun völlig in die 
Einzelstaaten zurück. Nirgend begann es sich kräftiger zu ent¬ 
wickeln als in Brandenburg: die Todesstunde der alten deut¬ 
schen Nation und des alten Reiches war zugleich die Geburts¬ 
stunde des preufsischen Staats. 
Für das wirtschaftliche und soziale sowie für das geistige 
Leben der Nation waren die Folgen des fürchterlichen Krieges 
auf anderthalb Jahrhunderte hinaus vernichtend. Die Bevölkerung 
Deutschlands sank auf etwa die Hälfte, in vielen Gegenden auf 
ein Zehntel des früheren Bestandes und noch tiefer. Grofse
	        
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