Full text: Vom Beginne christlicher Kultur bis zum Westfälischen Frieden (Teil 2)

III. Die Verfassung der christlichen Kirche. 
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2. Entstehung des Primats des Bischofs von Rom. 
Die natürliche Entwickelung des kirchlichen Prinzips mufste 
das Bestreben zur Folge haben an die Stelle des Kaisers als des 
obersten Herrn der Kirche einen der 4 Patriarchen zu setzen. 
Unter diesen gelang es dem Bischof von Rom zwar nicht Herr 
der gesamten christlichen Kirche, wohl aber der abendländischen 
(Papst) zu werden, aus folgenden Gründen: 1. Rom galt, wenn auch 
Konstantinopel Reichshauptstadt geworden war, doch immer als 
die eigentliche Hauptstadt der Welt. Daher wandten sich oft in 
den dogmatischen Streitigkeiten des 4. Jh. verfolgte Bischöfe an 
den Bischof von Rom um Schutz, und die Synode von Sardica 
(j. Sofia) (343) sprach diesem geradezu das Recht zu Appellationen 
entsetzter Bischöfe anzunehmen, wogegen freilich die Konzile von 
Konstantinopel (381) und Chalcedon (451) den Primat des Bischofs 
von Konstantinopel dekretierten. 2. Indem man die Legende, dafs 
Petrus Bischof in Rom gewesen sei, mit einer tendenziösen Aus¬ 
legung von Matth. 16, 18 —19 verband, gab man dem Papsttum 
göttlichen Ursprung1. 3. Wir finden auf dem römischen Bischofstuhl 
bedeutende Männer, vor allen Leo I. (um 450), Gregor I. d. Gr. 
(um 600) und Nikolaus I. (um 850). 4. Während die Patriarchen 
des Orients thatsächlich den Kaiser zum Herrn hatten, vermochte 
der Bischof von Rom sich der kaiserlichen Oberhoheit faktisch zu 
entziehen seit dem Einbruch der Langobarden und fand gegen 
diese seine Bedränger Schutz und Hilfe bei den Franken. 5. Der 
durch Leo III. den Isaurier in der griechischen Kirche entfachte 
Bilderstreit (726), in dem die römischen Bischöfe den bilder¬ 
stürmerischen Kaisern entgegentraten, trug zu der Loslösung der 
abendländischen von der immer mehr in Lethargie versinkenden 
morgenländischen Kirche bei (definitive Trennung 1054). 6. Die 
Herrschaft der römischen Bischöfe über die occidentale Kirche 
wurde befestigt durch ihre Yerbindung mit den Pippiniden und 
durch die Thätigkeit des Bonifatius (s. u. IY, 3, c u. d). 7. Als 
nach Karls d. Gr. Tode sein Weltreich in Trümmer ging, entsprach 
1) Der Titel Vicarius Petri wurde später mit Vicarius Christi und endlich 
mit Vicarius Dei vertauscht.
	        
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