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Zweite Periode. 1104—500 v. Chr.
ZWEITE PERIODE.
1104 bis 500 v. chr.
DAS ZEITALTER DER IRREREM ENT'WICKELUNG DES HELLENENTHUMS.
Nachdem die Dorier feste Wohnsitze erlangt und ihre Herrschaft begründet haben, so kommt auch im übri¬
gen Griechenland die bisherige fast ununterbrochene Bewegung zur Ruhe. Dies hat die Folge, dass in den ein¬
zelnen Staaten der Trieb zur inneren Entwickelung und Gestaltung der Verhältnisse Raum gewinnt; in den meisten
derselben wird das Königthum bald abgeschafft; an seine Stelle tritt eine aristokratische Verfassung; diese
wird gewöhnlich, nachdem sie entartet, gestürzt, und nach einer kurzen Unterbrechung der natürlichen Ent¬
wickelung durch die Tyrannis beginnt sodann in einem grossen Theile der griechischen Staaten die Neigung
zur Demokratie sich geltend zu machen. Daneben bildet sich allmählich unter den sämmtlichen griechischen
Staaten das Bewusstsein der Zusammengehörigkeit, das Nationalgefühl, aus; wofür sich theils die Ausbreitung
und das wachsende Ansehen, der hellenischen Dorier, theils <Ter Einfluss der Nationalspiele und des delphischen
Orakels als "besonders förderlich erweist. Nach aussen hin wmTTer Einfluss Griechenlands und sein Handels¬
verkehr durch KolonieeiTLegnmdet, welche die ringsherum gelegenen Küsten des Mittelmeers in das helleni¬
sche Leben hineinziehen.
Gleichzeitig nimmt die eigenthümliche, nach den Gesetzen innerer Nothwendigkeit geschehende Entwickelung
der griechischen Literatur ihren Anfang mit dem Epos und der Lyrik, wälirend die Kunst sich noch nicht von den
Fesseln des Hergebrachten und Symbolischen frei zu machen vermag und ihre Fortschritte sich daher zunächst
auf das Technische beschränken.
Anm. Die Quellen sind im Ganzen dieselben wie in der vorigen
Periode. Die werthvollsten Nachrichten über diese Periode sind
vorzugsweise bei Herodot zu finden; noch immer aber sind wir —
abgesehen von Plutarch, von welchem die Lebensbeschreibungen des
Lykurg und Solon hierher gehören •— fast nur auf zerstreute Notizen
angewiesen. Für die griechischen Kolonieen sind diese ausser bei
Herodot und Strabo hauptsächlich noch in der Hegiriyriais des s. g.
Skymnos aus Chios (ed. Meineke) und in einem Auszug aus dem
geographischen Lexikon (E&vixa) des Stephanos von Byzanz (5. J.
n. Chr.) zu suchen; für die Nationalspiele und was damit zusammen¬
hängt, bieten Pindar und die Scholiasten zu demselben manche Aus¬
beute; für die Verfassungsgeschichte sind die Politika des Aristoteles
die wichtigste und lehrreichste Quelle. ■— Am dürftigsten sind die
Nachrichten für die 3 Jahrhunderte, "welche zwischen der Wande¬
rung der Dorier und Herakliden und der ersten Olympiade liegen und
gewissermaassen die Grenzscheide zwischen dem mythischen und dem
historischen Griechenland bilden.
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