Full text: Lehrbuch der Geschichte des Mittelalters

Der Thronstreit zwischen Ludwig dem Bayer und Friedrich dem Schönen. 89 
Ägerisee (Kanton Zug) unvermutet von den Eidgenossen angegriffen und 
vollständig aufgerieben (1315). Die Waldstätten erneuerten nun ihren Bund 
und auch Luzern, Zug, Zürich und Bern traten jetzt der Eidgenossenschaft 
bei. — Auch im Kriege mit Ludwig kämpften die Ofterreicher unglücklich; 
der entscheidende Schlag fiel im Jahre 1322 bei Mühldorf (am Inn). 
Hier griff Friedrich seinen Gegner an, ohne die Ankunft seines Bruders 
Leopold, der in Schwaben Truppen sammelte, abzuwarten. Lange Zeit 
waren die Osterreicher im Vorteil und schon schien der Sieg Friedrich, 
der alle Ritter an Tapferkeit übertraf, gesichert, als plötzlich in der Flanke 
seines Heers eine feindliche Reiterschar, die bisher im Hinterhalt lag, er— 
schien und durch ihren unerwarteten Angriff den Tag zu Gunsten Ludwigs 
entschied. Friedrich wurde gefangengenommen und nach der Burg Traus— 
nitz (nördlich von Regensburg) gebracht. 
Dennoch konnte Ludwig seine Macht nicht als gesichert ansehen, so⸗ 
lange nicht Friedrichs Bruder Leopold die Waffen niedergelegt hatte. Dieser 
verband sich jetzt mit dem Papste und dem französischen König Karl IV. 
zegen Ludwig. Papst Johann XXII. forderte Ludwig vor seinen Stuhl, 
weil sich dieser ohne seine Erlaubnis die Königsgewalt angemaßt habe. 
Ludwig leistete jedoch dem Ansinnen des Papstes keinen Gehorsam, weshalb 
er in den Bann getan und sein Land mit dem Interdikt belegt wurde, 
d. h. es wurde verboten, in seinem Reiche kirchliche Verrichtungen vor— 
zunehmen. Die deutsche Königskrone aber sollte kein anderer als — der 
französische König Karl IV. erhalten. Wohl stand zu erwarten, daß kein 
deutscher Kurfürst dem fremden König seine Stimme geben werde, trotz- 
dem war die Lage Ludwigs eine überaus ernste. In seiner Bedrängnis sah 
er nur einen Ausweg: die Aussöhnung mit Friedrich. Er verhieß ihm die 
Freiheit unter der Bedingung, daß er ihm huldige und auch seine Brüder 
bdewege, ihn anzuerkennen. Falls er letzteres nicht vermöge, solle er wieder 
in die Gefangenschaft zurückkehren. Friedrich, der durch eine fast dritthalb— 
ährige Haft gebrochen war, ging auf alle Forderungen ein und eilte hoch— 
beglückt nach Wien. Er fand seine Gemahlin infolge der vielen Tränen, 
die sie um ihn geweint, erblindet, Leopold aber noch mit dem alten Haß 
— 0 
werfung unter Ludwig willigte. So stellte sich Friedrich, wie er's ge— 
schworen, wieder zur Haft.“) Durch diese Redlichkeit gerührt, schloß Ludwig 
mit Friedrich einen neuen Vertrag zu München (1325), wonach beide 
zemeinsam regieren sollten. Doch scheiterte die Durchführung dieses Ver— 
1315 
14322 
1325 
) Hartingers Bilder aus der Geschichte: „Friedrich der Schöne stellt sich seinem 
Begner Ludwig von Bayern zu neuer Haft.“
	        
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