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§ 1. Einteilung der mittelalterlichen Geschichte.
dessen Kaiser vom Papste gekrönt werden und damit zugleich den Schutz der Kirche
und des Papsttums übernehmen. Seit 962 — inzwischen hatte sich das Frankenreich
in eine französische und deutsche Hälfte zertrennt — ist dieses „Römische Kaisertum"
mit dem deutschen Königtum verbunden. Infolgedessen beanspruchen aber die deutschen
Kaiser nicht nur die Regierung über Italien, sondern auch eine Vorherrschaft über
die ganze Christenheit. Hiedurch verliert sich das führende Volk des Mittelalters
in unerreichbare Ziele und gerät mit der Kirche selbst über die Abgrenzung der
geistlichen und der weltlichen Rechte in verhängnisvolle Zwiespältigkeiten, die einen
großen Teil der mittelalterlichen Geschichte ausmachen. Darüber aber leiden die
Einheit und Wohlfahrt des deutschen Vaterlandes, und so geht das politische Über-
gewicht gegen Ende des 15. Jahrhunderts auf die westlichen Nachbarvölker, Franzosen,
Spanier und Engländer, über.
Ungefähr gleichzeitig aber lenkt die Weltgeschichte durch umwälzende Ereignisse,
die'großenteils doch wieder vom deutschen Volke ausgingen, in neue geistige Bahnen
(Buchdruckerkunst, Wiederaufleben der Künste und Wissenschaften, Reformation).
3. Einteilung in Abschnitte. Die mittelalterliche Geschichte enthält
demnach folgende Abschnitte:
1. Germanische Vorzeit nebst Geschichte der Völkerwande-
rnng bis 481 n. Chr.
2. Geschichte des Frankenreiches nebst Geschichte der U^nter-
werfung und Christianisierung Deutschlands, 481—843.
3. Das Deutsche Reich unter den Fränkischen, Sächsischen
und Salischen Kaisern, 843—1125. Vereinigung der Kaiser¬
krone mit dem deutschen Königtum.
4. Das Zeitalter der Hohenstaufen und der Kreuzzüge, 1125
bis 1273, zugleich die Blütezeit des Rittertums.
5. Das Deutsche Reich vom ersten Auftreten der Habsburgischen
Kaiser bis zum Wiedererwachen des griechisch-römischen Geistes-
lebens (Renaissance) und der Erfindung der Buchdruckerkunst,
1273—1450. Emporkommen des Bürger- und Städtetums.