Full text: Neuere Zeit vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Bd. 2)

§ 112. Preußens Erhebung 1813. 
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war gerade hier das Verlangen nach Befreiung vom Joche der Fremd- 
Herrschaft, um so mächtiger die Kampfbegeisterung, als das Vergeltungs- 
werk endlich beginnen sollte. Freudig eilte jung und alt unter die 
Waffen, als der König einen Aufruf zur Bildung von Freicorps und die 
Befehle zur Errichtung der Landwehr und des Landsturmes erließ. 
Wer nicht selber in den Kampf mitziehen durfte, spendete Hab und Gut, 
Schmuck und Gold fürs Vaterland. Mit dem Eisen in der Hand sollte die 
Rettung bereitet werden und darum der Orden des ^Eisernen Kreuzes" 
die höchste Auszeichnung des Helden sein. Bei solcher Kriegsstimmung fand der 
„Aufruf", welchen der König am 17. März an sein Volk erließ, überall mäch- 
tigen Widerhall. Auch die Lieder vaterländischer Dichter entflammten die 
Gemüter für den beginnenden Kampf. „Das Volk steht auf, der Sturm bricht 
los," jubelt der juuge Theodor Körner, ein Sachse von Geburt, ein Öfter- 
reicher nach seiner Lebensstellung, ein Deutscher nach seiner Gesinnung. Aber „es^ 
ist kein Krieg, von dem die Kronen wissen, es ist ein Kreuzzug, 's ist ein heil'ger 
Krieg!" Darum legt er die Leier weg, tritt als Freiwilliger in Lützows schwarz 
gekleidete „Schar der Rache" ein und eilt einem frühen Tode entgegen. Wie 
Körner, so rief auch Moriz Arn dt, nach seiner Heimat Rügen ein schwedischer 
Unterthan, der durch kühne Schriften längst den Zorn des großen Korsen auf sich 
geladen hatte, Alldeutschland in zündenden Dichterworten zum Rachekrieg auf. 
Noch manch anderer Sänger hat damals mit Lied und That an der großen Be- 
wegung Anteil genommen, wie Fouque und Schenkendorf, oder hatte sie 
mit vorbereitet, wie Heinrich von Kleist, der die neue „Hermannsschlacht" 
besungen, die er selber nicht mehr erleben sollte. 
3. T)ic gegenseitigen Streitkräfte. Dem preußisch-russischen 
Bündnis waren auch Mecklenburg und Anhalt beigetreten. Schweden 
stellte seine Truppen einstweilen in Pommern auf. Rußland hatte 
150000 Mann versprochen. Das kleine Preußen aber hatte 80000 Mann 
zusammengebracht, die bald auf 110000 anwuchsen und im Laufe des 
Krieges auf 271000 vermehrt wurden. Unterdessen hatte auch Napoleon 
eine staunenswerte Thätigkeit entfaltet. Im Frühjahre stand er wieder 
mit 350000 Mann in Deutschland. 
Die Mehrzahl der Rheinbundstaaten hatte sich noch einmal Napoleons Auf- 
geböte gefügt. Der Kaiser von Österreich (unter Beirat seines Ministers Metternich) 
verweigerte dem „Schwiegersohne" die geforderte Heeresfolge und beanspruchte 
die Rolle einer vermittelnden Macht. 
§ 113. 
Napoleons letzte Siege 1813. 
1. Die Niederlagen der Greußen und Aussen. Napoleon 
rückte nach Sachsen ein und schlug mit seiner Übermacht das vereinigte 
preußisch-russische Heer (unter Blücher) bei Großgörschen unweit
	        
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