§ 141. Die Wiedererrichtung des Deutschen Reiches. 211
zugeführt, um Seifertju entsetzen und von da durch rasches Vordringen gegen
Norden die deutschen Armeen von der Heimat abzuschneiden. Aber in einer drei-
teigigen Schlacht an der Sifaine unweit Seifort (15.—17. Jannar) kämpfte
Werder mit feinen 42000 Mann siegreich gegen die starke Übermacht Bourbakis
(von 150000 Mann) und versperrte derselben den Vormarsch auf die Festung.
Ter entmutigende Mißerfolg, die große Winterkälte und die mangelhafte Ver¬
pflegung nötigten Bourbaki. mit feinem erschöpften Heere den Rückzug auf Lyon
anzutreten. Aber auch dieser war ihm verlegt durch General Manteuffel, der zu
Werders Hilfe von Paris aus herbeigeeilt war. In der Gegend von Pontarlier
aufgehalten und angegriffen, mußte die durch Hunger und Kälte zerrüttete Armee
(noch über *0000 Mann) auf schweizerisches Gebiet Übertreten und dort
gleich Kriegsgefangenen die Waffen strecken. Die Belagerung Belforts dauerte
noch bis 16 Februar ("vgl. S. 212, Abs. 2).
§ 141.
Die Wiedererrichtung des Deutschen Reiches.
1 Das Verlangen nach politischer Einigung. Die auf blutigen
Schlachtfeldern erprobte Waffenbrüderschaft der deutschen Stämme sollte
unlöslich befestigt werden durch engeren Zusammenschluß aller deutschen
Staaten zu einem einheitlichen Reiche, für dieses aber das altehrwürdige
Kaisertum erneuert werden.
Das war die Hoffnung der Heere und der gemeinsame Wunsch der deutschen
Völker. Nicht durch verlorne Schlachten gedemütigt, fondern durch die unver-
gleichlichen Erfolge ihrer Heere begeistert, zeigten sich die süddeutschen Fürsten
entschlossen, einen Teil ihrer Hoheitsrechte zu Gunsten der nationalen Einheit zu
opfern und die Angliedernng ihrer Länder an den Norddeutschen Bund durchzuführen.
2. Verhandlungen zur Begründung des Meiches. Schon bald
mich dem Siege von Sedan hatten die Beratungen hierüber begonnen.
Ende November kamen in Versailles die Verträge mit den süddeutschen Re-
gierungen zu stände, wonach der Norddeutsche Band zu einem „Deutschen
Reich" erweitert werden sollte. Hiebet waren dem Königreich Bayern
als zweitgrößtem Bundesstaat in entgegenkommender Weise wichtige
Sonder- oder Reservatrechte eingeräumt worden. Darauf trug König
Ludwig II von Bayern im Einverständnis mit den anderen deutschen
Fürsten dem preußischen König als dem obersten Vertreter des neuen
Bundesstaates- in einem Schreiben, das Prinz Luitpold am 3. Dezember
in Versailles überreichte, den erblichen Titel eines „Deutschen Kaisers" an.
Tas gleiche Verlangen ließ der Norddeutsche Bund am 18. Dezember
durch eine besondere Abordnung zum Ausdruck bringen.
^m Laufe der beiden Monate Dezember und Januar wurden die geschlossenen
Verträge von den Landtagen der süddeutschen Staaten, desgleichen vom Reichstag
des Norddeutschen Bundes angenommen.
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