§ 90. Deutschland nach dem Siebenjährigen Kriege von 1763—1777. 67
b) Die Rechtspflege wurde durch die von Wiguleus v. Kreittmayr ver-
faßten bayerischen Gesetzbücher neu geordnet.
e) Schule und Wissenschaft fanden eine'dem Fortschritte der Zeit ent-
sprechende fruchtreiche Pflege. Unter der Leitung von Lori und Limprnn wurde
1759 in München die „Akademie der Wissenschaften" ins Leben gerufen, welche sich
hauptsächlich das Studium der heimischen Geschichte zur Aufgabe stellte, getreu
dem Worte ihres Gründers: „Ohne Vaterlandsgeschichte keine Vaterlandsliebe!"
Xfeit 1763 Drucklegung der »Monumenta Boica< d. i. der auf bayerische Geschichte
bezüglichen Urkunden). Auch die Universität Ingolstadt, zu deren Leitung der
Kurfürst seinen früheren Lehrer Jckstatt berufen hatte, erfuhr eine zeitgemäße
Weiterbildung durch Errichtung neuer Lehrstühle. Das mittlere und untere Schul-
wesen wurde durch den Geistlichen Rat Braun in neue Bahnen geführt. Als
1773 durch Papst Klemens XIV. der Orden der Jesuiten anfgehoben wurde, ließ
der Kurfürst aus deren Vermögen einen Stiftungsfonds für den Unterhalt jener
gelehrten Schulen errichten, deren Unterrichtsbetrieb bisher von den Jesuitenvätern
versehen worden war.
d) Auf dem Gebiete der K u n st p f l e g e endlich entstanden zu München (unter
der Leitung des Hofarchitekten Cu villi er) gefällige Rokokobauten, wie die
Fasfade der Theatinerkirche und das um 1760 vollendete Hofopernhaus, das
heutige „Residenztheater" (das an bestimmten Wochentagen auch dem öffentlichen
Besuche zugänglich gemacht wurde). Im Jahre 1770 wurde eine „Zeichnuugs-,
Maler- und Bildhauerschule" gegründet. Von den dort angestellten Lehrern that
sich Roman Boos unter Maximilian III. und unter den zwei folgenden Kur-
fürften als Bildhauer hervor (von ihm die Herkulesstatuen unter den Arkaden des
Hofgartens zu München).
§91.
Die Frage der bayerischen Erbfolge
und die Regierungszeit Karl Theodors in Bayern 1777-1799.
1. Das Krörecht KartWeodors von der Matz. Da Maximilian III.
keine Kinder hatte, auch kein anderer Erbfolger aus der Bayerischen Linie
der Wittelsbacher mehr übrig war, fo sollte nach den feit 1329 be-
stehenden und noch in der jüngsten Zeit öfter (letztmals 1774) erneuerten
Hausverträgen die Pfälzische oder Rudolfische Linie folgen. Deren nächst-
berechtigter Vertreter war Karl Theodor aus der Linie Sulzbach,
der seit 1. Januar 1743 auch Erbe der Neuburgisch-Pfälzifchen Kur-
linie geworden war. Da sich dieser aber ebenfalls ohne Erben fah und
zudem nur ungern seine schöneren Residenzen Mannheim und Düsseldorf
gegen München vertauschte, wie es die Familienverträge erforderten, fo
ließ er sich noch bei Lebzeiten des Erblassers Maximilian mit Kaiser
Joseph II. in Unterhandlungen ein, die auf Abtretung eines Teils des
bayerischen Erbes hinausgingen.
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