Full text: Neuere Zeit vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Bd. 2)

§ 91. Die Frage der bayer. Erbfolge u. die Regierungszeit Karl Theodors 71 
Verdienste um das geistige Leben in seinem Lande, namentlich in seinen 
beiden Residenzstädten, erworben. An der vom Freiherrn Wolfgang 
von Dalberg vortrefflich geleiteten Hofbühne in Mannheim fanden 
(seit 1782) Schillers Jugenddramen ihre ersten Aufführungen; die Hof- 
kapelle in München brachte Mozarts früheste Hauptwerke an die Öffent- 
lichkeit. Die wissenschaftlichen Bestrebungen der Münchener und der 
Mannheimer Akademie, die Universitäten zu Ingolstadt und zu Heidel¬ 
berg genossen die Gönnerschaft des Kurfürsten. A Dagegen unterdrückte 
er durch strenge Dekrete den geheimen Bund der „xsllummaten", welcher, 
wie verlautete, unter dem Deckmantel der „Aufklärung" staats- und. 
kirchenfeindliche Absichten verfolgte.j Auch in Sachen der Bodenkultur 
und der Gewerbthätigkeit huldigte der Fürst jedem zeitgemäßen Fort- 
schritt. Sein vorzüglichster Berater war^der Amerikaner Benjamin 
Tompson aus Rumford, den er in Anerkennung feiner vielseitigen 
Dienste zum Grafen von Rumford erhob. 
Verdienste um die bayerische Hauptstadt. München verdankt dem 
Kurfürsten Karl Theodor die Überführung der reichen Düsseldorfer Galerie und 
deren Vereinigung mit der älteren Münchener Bildersammlung, die Eröffnung 
des Hofgartens und des Nymphenburger Parkes zu allgemeinem Besuche, die 
Anlage des Englischen Gartens und andere Verschönerungen, die zum Teil noch 
heute seinen Namen tragen (Erweiterung der Stadt nach Abbruch der Ring- 
mauern und der Festungswerke, Anlage des „Karlsplatzes" und Umbau des 
„Karlsthores", Bau eines öffentlichen Galeriegebäudes am Hofgarten u. a.). Die 
Bauten jener Zeit leiden indes erheblich an dem Ungeschmack des damals üblichen 
Zopfstils (vgl. S. 82). 
Karl Theodor erlebte noch den Ausbruch der Französischen Revolution. 
Als die feindlichen Heere (1792) bis an den Rhein vordrangen, fielen 
seine linksrheinischen Lande (Teile der Pfalz und Jülich), in Frankreichs 
Gewalt. Bayern selber wurde 1796 der Schauplatz entscheidender 
Kämpfe zwischen den Österreichern und den Franzosen (vgl. S. 109). 
Inmitten dieser trüben Zeitverhältnisse starb Karl Theodor am 16. Februar 
1799 zu München. Über die Erbfolge Maximilian Josephs von Zwei- 
brücken vgl. S. 113. 
8 92. 
Österreich unter Joseph II. 1780—1790 
und Leopold II. 1790—1792. 
1. Josephs Deformen. Jofeph II., Deutscher Kaiser seit 1765, 
war ein wohlmeinender Fürst und Menschenfreund, aber auch ein Mann 
der Aufklärung und des Fortschrittes. Sobald er nach dem Tode seiner 
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