Full text: Neuere Zeit vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Bd. 2)

76 § 95. Die außerdeutschen Staaten gegen Ausgang des 18. Jahrhunderts. 
und Heim bereitete. Sein Widersacher und Nachfolger, der sittenlose und gemalt- 
thätige Reformer Strnensee, fand 1772 einen schimpflichen Tod (durch Hinrichtung 
und Vierteilung). 
4. England und Nordamerika. England (unter Georg II. 1727—1760 
und seinem Enkel Georg III. 1760—1820 aus dem Hause Hannover) gewann 
im Wettstreite mit Frankreich die Vorherrschaft auf allen Meeren und einen 
großen Zuwachs seines Kolonialbesitzes (Friede zu Paris 1763, vgl. S. 61 
Abs. 1), verlor aber bald darauf im Nordamerikanifchen Freiheitskrieg (1775 
bis 1783) seine ältesten und besten Kolonien an den Oftküsten von Nord- 
amerika (Friede zu Versailles 1783). Doch entschädigte es sich hiefür durch 
umfangreiche Eroberungen in Ostindien und Ozeanien. 
a) Der Nordamerikanische Iireiheitskrieg 1775—1783. Schon unter der 
Königin Elisabeth, noch mehr während der inneren Unruhen und der Bürgerkriege 
in der Zeit der Stuartischen Könige, waren an der Ostküste von Nordamerika durch 
englische Auswanderer zahlreiche Niederlassungen gegründet worden, so Virginien, 
Maryland und das von dem Quäkerführer Penn kolonisierte Pennsylvanien mit 
dem Hauptort Philadelphia. Um die Mitte des 18. Jahrhunderts bestanden 
in Amerika 13 englische Kolonialprovinzen. Als England, dessen Staatsschuld 
sich durch den mit Frankreich geführten Seekrieg sehr vermehrt hatte, diese Kolonien 
zur Steuerleistung heranziehen und einen Eingangszoll auf Thee erheben wollte, 
ohne ihnen jedoch eine Vertretung im Parlamente einzuräumen, widersetzten sich 
dieselben den getroffenen Maßnahmen. Der Aufstand gegen das Mutterland 
nahm seinen Anfang damit, daß man englische Schiffe im Hafen von Boston 
überfiel und ihre Theeladung ins Meer warf, worauf England mit Entziehung 
von Freiheiten und mit anderen Strafmaßregeln einschritt. 
Die dreizehn Kolonien rüsteten sich sofort zum Widerstande. Sie erklärten auf 
einem Kongreß zu Philadelphia ihre Unabhängigkeit (4. Juli 1776) und stellten 
unter Georg Washington, einem Pflanzer aus Virginien, eigene Bürger- 
Heere auf, die den englischen Söldnertruppen erfolgreichen Widerstand leisteten. 
Neben Washington erwarb sich der schon bejahrte Benjamin Franklin große 
Verdienste. Früher Buchdrucker und Volksschriftsteller, als Erfinder des Blitz- 
ableiters hochangesehen, späterhin Oberpostmeister der englischen Kolonien in 
Amerika, ging er als geheimer Abgesandter nach Versailles und bewog Frankreich 
zur Bundesgenossenschaft gegen England (1778). 
Der Krieg, zu Wasser und zu Lande geführt, endete nach wiederholten Siegen 
Washingtons mit dem Frieden von Versailles 1783, in welchem England 
die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika 
(»II. S. A.« — United States of America) anerkannte. Washington wurde der 
erste Präsident des neuen Freistaates; ihm zu Ehren ist auch die neugebaute 
Bundeshauptstadt Washington benannt worden. Bei ihrer Gründung gegen 
3 Millionen Einwohner zählend, besteht die Republik (einschließlich Kubas und 
der Philippinen) heutzutage aus 47 Staaten mit einer Bevölkerung von 83 Mil¬ 
lionen; sie ist nach England der größte Industrie- und Handelsstaat der Welt. ^ 
b) Die Eroberungen der Engländer in Ostindien und Ozeanien. Für die 
Verluste in Amerika entschädigte sich England überreichlich durch ausgedehnte Er- 
Überlingen in Ostindien, welche es ungefähr zur selben Zeit begonnen hatte 
(Kriege gegen den Sultan Tipu Sahib 1782—1799) und dann ein Jahr-
	        
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