Full text: Neuere Zeit vom Westfälischen Frieden bis zur Gegenwart (Bd. 2)

78 § 95. Die außerdeutschen Staaten gegen Ausgang des 18. Jahrhunderts. 
6. Spanien, seit 1700 unter dem Bourbonen Philipp V. und seinen Nach¬ 
kommen, hatte 1713 seine Besitzungen in Belgien und in Italien an Österreich ver¬ 
loren. Doch wurden nach kurzer Zwischenzeit Unteritalien (1738) und Parma (1748) 
für Bonrbonische Prinzen zurückgewonnen. Unter Karl III., einein Sohne Philipps V., 
erlebte Spanien noch einmal eine aufstrebende Entwicklung, um desto rascher unter 
dessen Sohn Karl IV. (1788—1808) in politischer und materieller Beziehung wieder 
zu verfallen. 
7. Portugal, im Jahre 1640 unter dem Hause Bragauza nach sechzig- 
jähriger Zugehörigkeit zu Spanien wieder selbständig geworden, hatte das an die 
Holländer verlorene Brasilien zurückgewonnen und erfreute sich eines letztmaligen 
äußeren Aufschwunges unter dem unumschränkt regierenden Minister Pombal 
(1750—1777). Die Hauptstadt Lissabon, welche 1755 durch ein großes Erdbeben 
zerstört worden war, ist unter seiner Leitung aufs prächtigste wieder ausgebaut 
worden. Aber seine gewalttätigen Reformen und Aufklärungsmaßregeln (Ver- 
bannung der Jesuiten 1759) haben mit der Zeit auch viel Unwillen erregt und 
zuletzt bei Gelegenheit des Thronwechsels seinen Sturz herbeigeführt (1777). 
8. Italien weist die ererbte Zerrissenheit in eine Vielzahl von Staaten 
auf. Es bestehen zu dieser Zeit nebeneinander: das Königreich Sardinien- 
Savoyen, die österreichische Lombardei einschließlich des Herzogtums Mantua, 
das Herzogtum Parma (unter spanischen Bourbonen), das Herzogtum Modena 
(unter dem Hause Este), das Großherzogtum Toskana (als Sekundogenitur 
des Hauses Österreich-Lothringen), die Republiken Genua und Venedig, das 
Königreich Neapel und Sicilien (unter spanischen Bourbonen) und der päpst- 
liche Kirchenstaat. 
Aufhebung des Jesuitenordens 1773. Durch ihre umfassende Tätig¬ 
keit auf dem Gebiete des Unterrichts und der Erziehung, durch die Pflege von 
Wissenschaft und Kunst, aber auch durch ihre Einmischung in weltliche Geschäfte 
und durch politische Stellungen an den katholischen Höfen hatten die Jesuiten 
einen steigenden Einfluß auf Staat und Kirche gewonnen. Seit der Mitte des 
18. Jahrhunderts erstand ihnen allerwärts eine heftige Gegnerschaft. Der neue 
Geist der Aufklärung half mit, ihren Sturz herbeizuführen. Nachdem sie bereits 
aus Portugal, Frankreich, Spanien und Neapel vertrieben worden waren, hob 
1773 der Papst Klemens XIV. den Orden, der damals über 22000 Mitglieder 
zählte, ganz auf, um den „dauerhaften Frieden und das gute Einvernehmen mit 
den Höfen wieder herzustellen" (vgl. auch Bd. I., S. 168). In der Zeit der 
Reaktion, welche auf die Französische Revolution folgte, wurde der Orden durch 
Papst Pius VII. wieder hergestellt (1814); im Verlaufe der Zeit wiederholten sich 
aber ähnliche Kämpfe. 
C. Das deutsche Geistesleben im J8. Jahrhundert. 
§ 96. 
Frauzoseutum und Deutschtum. 
1. Das Aranzosentum in Deutschland. Durch eine vorgeschrittene 
Kultur unterstützt, übte Frankreich seit Beendigung des Dreißigjährigen 
Krieges auf die geistige Entwicklung Deutschlands einen irreleitenden
	        
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