§ 2. Die Neubegründung Preußens. 153
erlaubten, so konnte der große Grundsatz eines „Volks in Waffen" nur un¬
vollkommen ausgeführt werden. Es wurde die Losung eingeführt, sogar Losung ms.
die dreijährige Dienstzeit auf eine zweijährige herabgesetzt und dadurch Zweijährige
bei dem Überwiegen der mangelhaft ausgebildeten Landwehr die Tüchtigkeit ms-isS.
des Heeres erheblich verringert. Sehr ersprießlich war es, daß durch die
Abzweigung des Großen Generalstabs vom Kriegsministerium eine voll- Großer
kommene Arbeitsteilung im Heerwesen herbeigeführt wurde: jenem lag die ®e"e8r2a1Ifto6
Ausbildung der militärischen Technik und der Kriegskunst, diesem die eigent- Arbeitsteilung
liche Verwaltung und die Beschaffung aller Bedürfnisse und dem Militär- im Heerwesen,
kabinett die Stellenbesetzung ob, während der König durch seine oberste
Entscheidung die Einheit des Ganzen wahrte.
2. Die Staatsverwaltung. Der ganze Staat wurde 1815 in Einteilung des
10 Provinzen geteilt, deren Zahl 1817 durch die Vereinigung von
Ost- und Westpreußen sowie der vormals kurrheinischen Lande mit Jülich-
Kleve-Berg auf 8 vermindert wurde. Die Befugnisse der Oberpräsi¬
denten wurden 1825 etwas erweitert. Doch lag die eigentliche Verwaltung
in den Händen der 25 Regierungen, deren Bezirke im Gegensatze zu den Die Regierungen.
Provinzen absichtlich ohne jede Beziehung zu den geschichtlichen, ethno¬
graphischen und konfessionellen Verhältnissen gebildet waren, um die daraus
entsprungenen Gegensätze durch eine Verwaltung im Sinne der Staatseinheit
zu überwinden. Die Fachministerien an der Spitze der gesamten Staats-Die Ministerien.
Verwaltung wurden 1817 durch ein Ministerium für Kultus-, Unter¬
richts- und Medizinalangelegenheiten vermehrt. Um die Einheit der
Verwaltung und die Kontrolle über die 5 Fachministerien zu sichern, wurde
1817 der schon 1808 von Stein geplante Staatsrat ins Leben gerufen, Der Staatsrat.
der aus den königlichen Prinzen, den Ministern und höchsten Beamten so¬
wie aus 24 Berufenen bestand. Es fehlte ihm aber selbst die innere Einheit,
und so wurde er seit 1827 nicht mehr versammelt. Da es in Erman¬
gelung einer Volksvertretung keine Verantwortlichkeit der Minister und also
auch keinen Ministerpräsidenten gab, so wurde die Einheit der Staats¬
verwaltung, wie früher, nur durch die Person des Königs gewährleistet.
3. Die Volksvertretung. Am 22. Mai 1815, als der 2. Frei¬
heitskrieg bevorstand, hatte der König das Versprechen einer „Reprä-Das Versprechen
sentation des Volkes" und einer Verfassung gegeben. Aber teils die
späteren Bedenken des Königs, die aus der Unfertigkeit der innern Zustände
und der Schwäche der Finanzen entsprangen, teils der Zwiespalt zwischen dem
mehr konservativen W. v. Humboldt und dem mehr radikalen Fürsten
Hardenberg ließen es nicht zur Erfüllung jenes Versprechens kommen. Doch
verpflichtete sich die Krone am 17. Januar 1820 aufs neue durch die Er¬
klärung, keine Anleihe ohne Zuziehung von Reichsständen aufnehmen zu
wollen. Es kam nur zur Errichtung von Provinzialständen am 5. Juni
1823. Vertreten war in ihnen allein der Grundbesitz, und der adlige Übermacht des
Großgrundsitz überwog weitaus. In den durch die Kreisordnungen (1825—28) ^der^nenstän
geschaffenen Kreistagen entfiel auf die Städte und die Bauern sogar nur ^ifche/seibf"
ein Zehntel der Vertreter. Zum Erlaß einer Gemeindeordnung kam es Verwaltung,
überhaupt nicht. In den 6 östlichen Provinzen behielt also der Gro߬
grundbesitz die patrimoniale Gerichtsbarkeit und Polizeiverwaltung der Ge-