Full text: Geschichte der Neuzeit seit dem Jahre 1648 (Teil 5)

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sich bereit erklärte. Nur wegen der Zumutung, mit seinen Truppen 
seinen Enkel aus Spanien zu vertreiben, setzte er den Kampf fort. 
Da traten zwei Ereignisse ein, die dem französischen Herrscher günstig 
waren. In England kam ein Toryministerium ans Ruder, so 
daß Königin Anna Marlborough abberief. Ferner starb 1711 
Josef I., und sein Bruder Karl VI., der in Spanien (1704) den Krieg 4- Spanien 
begonnen und mit wechselndem Glück geführt hatte, wurde Herr der 
österreichischen Länder. Da aber die Seemächte die Monarchie 
Karls V. nicht wiederhergestellt zu sehen wünschten, so schlössen sie 
mit Frankreich den Utrechter Frieden 1713. Philipp V., der^M°i?i3 
Bourbon, ward als König von Spanien, das — so wurde ab¬ 
gemacht — nie mit Frankreich vereinigt werden durfte, anerkannt; 
der alte Gegensatz zwischen beiden Ländern trat fortan zurück. Eng¬ 
land erhielt von Spanien Gibraltar und von Frankreich Neu¬ 
fundland und die Hudsonsländer mit dem alleinigen Recht 
auf den wertvollen Pelzhandel. Hannovers Thronfolge in England 
wurde anerkannt, ebenso die preußische Königswürde. 
Nun schloß 1714 auch der Kaiser mit Frankreich den FriedenAedezu^ 
zu Rastatt und erhielt die spanischen Niederlande, Neapel,$aben 1714 
Mailand und Sardinien, das er einige Jahre später an den Herzog 
von Savoyen gegen Sizilien vertauschte (Königreich Sardinien). 
Die Kurfürsten von Bayern und Köln empfingen ihre Länder zurück. 
Dem Rastatter Frieden trat das Reich zu Baden bei. — So war 
das europäische Gleichgewicht nicht gestört, dabei Österreichs und ®l'fle6niS 
Englands Macht wesentlich gestärkt; an Hollands Stelle konnte 
sich England zur Welthandelsmacht entwickeln. Frankreich hatte 
sein Übergewicht endgültig eingebüßt; es blieb zwar noch erste Land¬ 
macht, war jedoch so erschöpft, daß es vorläufig nicht mehr an 
Vergewaltigung der Nachbarn denken durfte. 
Ludwigs XIV. Königtum hat der ruhmsüchtigen Nation 
großen Glanz verschafft. Sein Absolutismus ward für das Festland toig$uxIV- 
(von Holland und Schweden abgesehen) maßgebend, sein Hof das Jtt 
Vorbild für die meisten großen und kleinen Herrscher, namentlich in 
Deutschland. Trotz aller äußeren Erfolge aber ist die Zeit Lud¬ 
wigs XIV. für Frankreich sehr verhängnisvoll geworden. Die 
mit Heuchelei verbundene Unsittlichkeit hatte sich besonders in benin§6ef°nbere 
höheren Kreisen verbreitet; die niederen Volksklassen waren 
aufs schwerste bedrückt und der Wohlstand des ganzen Landes 
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