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Rhetorik Die Rhetorik wurde in allen geistig regsamen Städten, vor
allem in Athen, Rhodus, Alexandria, weiter gepflegt; doch brachte die
hellenistische Zeit Redner von der Bedeutung wie diejenigen am Aus-
gange des 5. Jahrhunderts (Antiphon, Jsaus, Lysias) und in der
Mitte des 4. Jahrhunderts (Äschiues, Jsokrates und vor allem
Demosthenes) nicht wieder hervor. Sie trat in enge Verbindung
GeMcht- her Philosophie (über diese s. § 15°). Die Geschicht-
schre.bung j ^ r e {ß u n g schuf verschiedene universalhistorische Werke, doch
blieben diese hinter dem des Thnkhdides weit zurück. Der historische
Roman begann sich um jene Zeit zu entwickeln. Bedeutende
Mathematik Leistungen weisen die mehr realen Wissenschaften aus: die Mathe-
matik und die damit Verbundeue Technik, die Astronomie und die
Erdkunde. E r a t o st h e n e s, der Vorsteher der Alexandrinischen Biblio-
Geographie thek (t 194), begründete die wissenschaftliche Geographie und
nahm die erste Gradmessung vor. Hochberühmt wurde der Mathe-
matiker und Ingenieur Archimedes in Syrakus (vgl. § 323).
c) Das sittlich-religiöse Leben dieser Periode zeigt weitere
Rückschritte. Die großen Denker Plato und Aristoteles hatten ihre
Gemeinde nur in dem kleinen Kreise der tiefer Gebildeten; dagegen
übte die Scheinphilosophie der Sophistik noch weiter ihre zersetzende
Rationalis- Wirkung. Die Göttermythen erlitten eine rein vernunftgemäße (ratio-
mu§ nalistische) Deutung; Enhemerns (um 300) fand mit seiner Behaup-
tuug Glauben, sie seien nichts anderes als menschliche, ins Wunder-
bare gezogene Geschichten, die Götter nichts als frühere Könige, Helden
und Abenteurer. So wurden die erhabensten und phantasiereichsten
Mythen in die Prosa des gemeinen Lebens heruntergedrückt (Enheme-
rismns). Der reine Wahrheitstrieb, wie er einer so nrgesnnden Natur
Auftlärungs-foie Sokrates eigen gewesen war, wich der Anfklärnngsfucht
mi eines zerstörenden Skeptizismus.
Rückblick.
So ging die Geistesgröße von Hellas dahin, — und doch hat das
Hellenentnm in der kurzen Zeit seiner Blüte Großes und Bleibendes
Kultur- geschaffen für alle Zeiten, hat vor allem in Kunst und Wissen-
?e?d?en?/ schaft und auf manchen Gebieten der Ethik (vgl. § 64) die Grnnd-
der Hellenen lagen gelegt für die Arbeit der späteren Völker. Die Hellenen sind
die Lehrmeister des Menschengeschlechts geworden für vielseitiges
Geistesleben, Vorbilder der weises Maß haltenden Menschlich-