Full text: Realienbuch für Berlin und Vororte

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aus sollte die Flucht erfolgen, und zwei seiner Freunde, von Keith und von 
Katte, sollten ihm behilflich sein. Der Plan wurde aber verraten und der Flucht¬ 
versuch vereitelt. Der König faßte diesen als Fahnenflucht auf und ließ den Sohn 
vor ein Kriegsgericht stellen; dieses weigerte sich aber, ein Urteil über den Kron¬ 
prinzen zu fällen. Da verurteilte ihn der König zur Festungshaft in Küstrin. 
Als Friedrichs Freund Katte hier enthauptet wurde, ergriff den Kronprinzen furcht¬ 
barer Schmerz; reumütig bat er den Vater um Verzeihung, worauf dieser die strenge 
Haft milderte und ihn in der Kriegs- und Domänenkammer arbeiten ließ. 
Hier lernte er die Landesverwaltung im einzelnen kennen und die Fürsorge seines 
Vaters für das Land verstehen und ehren. 
4. Versöhnung. Nach Ablauf eines Jahres, am Hochzeitstage seiner 
Schwester Wilhelmine, ließ ihn der König wieder nach Berlin kommen, und auf 
dessen Wunsch vermählte sich nun Friedrich mit der braunschweigischen Prinzessin 
Elisabeth Christine. Dadurch kam die völlige Aussöhnung zwischen Vater und 
Sohn zustande. Dieser wurde 1732 zum Obersten eines Regiments, das in 
Ruppin stand, ernannt und erhielt das Schloß Rheinsberg zum Wohnsitze. 
Mit Eifer gab er sich jetzt den soldatischen Übungen hin, und bald erkannte der 
König die großen Fähigkeiten und den militärischen Geist seines Sohnes. In 
Rheinsberg umgab sich der Kronprinz mit einem Kreise geistvoller Freunde, in 
deren Gesellschaft er seine Neigung für Kunst und Wissenschaft befriedigte. 
1740 5. Kegienungsaninilt. Am 31. Mai 1740 starb Friedrich Wilhelm I., 
und Friedrich II. bestieg, erst 28 Jahre alt, den Thron. Da der strenge Winter 
des Jahres 1739—1740 eine große Teuerung hervorgerufen hatte, ließ Friedrich 
Getreide aus den Kornhäusern des Staates zu billigen Preisen an die Armen ver¬ 
kaufen. Die Folter und die Hexenprozesse wurden verboten, die Riesengarde 
abgeschafft und dafür das Heer auf 90000 Mann gebracht. Sein Wahlfpruch war: 
„Für Ruhm und Vaterland!" 
b. Seine Ariege und Erwerbungen. 
1. Die beiclen erllen Icklelilckeii Kriege, 1740—1742 und 1744 
—1745. a) Ansprüche auf Schlesien. Bald nach Friedrichs Thronbesteigung 
starb Kaiser Karl VI. Er hinterließ nur eine Tochter, Maria Theresia, die seinem 
Willen gemäß Erbin der österreichischen Länder werden sollte. Aber der Kurfürst 
von Bayern beanspruchte die Nachfolge, und mit ihm verbanden sich Frankreich, 
Spanien und Sachsen. Friedrich war entschlossen, die Verlegenheit der Kaiserin 
auszunutzen und die alten Ansprüche seines Hauses auf Schlesien geltend 
zu machen (S. 66, 67, 74 u. 76); denn ihn erfüllte die Überzeugung, daß Preußen 
größer werden müsse, um in Europa eine Rolle spielen zu können. Er schrieb an 
Maria Theresia, daß er bereit sei, ihr beizustehen, wenn sie ihm Schlesien ab¬ 
treten wolle, und rückte, noch ehe die Antwort eintraf, 1740 in Schlesien ein. 
Maria wies Friedrichs Anerbieten zurück. 
d) Der erste und der zweite schlesische Krieg. Jetzt kam es zwischen Österreich 
1741 und Preußen zum Kriege. 1741 besiegte Friedrich die Österreicher bei Mollwitz. 
Die tapfere preußische Infanterie gewann die Schlacht; sie gebrauchte den eisernen 
Ladestock und konnte deshalb fünfmal feuern, während die Österreicher zweimal
	        
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