Full text: Die wichtigsten Begebenheiten der Neuzeit, insbesondere der preußisch-deutschen Geschichte seit 1648 (Teil 6)

Der Sturz Preußens. 
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übernahm. Sie nannten sich Fürsten des „Rheinbundes".' Zu ihnen 
gehörten vier Kurfürsten und zwölf Fürsten des südlichen und westlichen 
Deutschlands: die Könige von Bayern und Württemberg, die Großherzöge 
von Baden, Hessen-Darmstadt und Kleve-Berg, der Herzog von Nassau u. a. 
Der Erzbischof von Mainz, Fürstprimas Freiherr von Dalberg, Groß- 
herzog von Frankfurt, hatte die Verhandlungen des Bundes in Frank- 
furt als Stellvertreter Napoleons zu leiten. Für die Besteuerung ihrer 
Untertanen, die Aushebung von Truppen, Gesetzgebung und Gerichtsbar- 
keit erhielten die Mitglieder volle Souveränität in ihren Staaten, dagegen 
mußten sie sich verpflichten, eine bestimmte Truppenmacht (bis 63 000 Mann) 
für Napoleon beständig bereitzuhalten. Neue Säkularisationen und Mediati- 
sierungen (die Ritterorden Augsburg und Nürnberg kamen unter anderen 
in Betracht) wurden ihnen zugestanden. 
Am 6. August desselben Jahres legte Franz II., der bereits 1804 
die Kaiserwürde auf die österreichischen Erbstaaten übertragen 
hatte, die Kaiserwürde des Heiligen Römischen Reiches deutscher 
Nation nieder. Das Reichskammergericht und der Reichstag wurden 
abgeschafft. 
Auf das deutsche Volk machte dieses unwürdige Ende eines sast 
tausendjährigen Reiches wenig Eindruck. Nationaler Geist regte sich 
damals nur in einzelnen, die offen Widerspruch gegen die neuen Zustände 
erhoben. Ernst Moritz Arndt schrieb in Greifswald die ersten Bände 
feines „Geist der Zeit". Im August 1806 wurde der Nürnberger Buch- 
Händler Palm in Braunau erschossen, Weiler sich weigerte, den Verfasser 
der in seinem Verlage erschienenen Schrift „Deutschland in seiner tiessten 
Erniedrigung" zu nennen. 
Der Sturz Preußens. 
§ 69. Der Vertrag zu Schönbrunn. Friedrich Wilhelm III. wollte 
solange wie möglich die Neutralität, die Preußen seit dem Jahre 1795 
beobachtet hatte, aufrechterhalten. In dem großen Kampfe zwischen 
Frankreich und England, an dem die beiden Ostmächte teilnahmen, hatte 
Preußen kein Interesse, für den einen oder den anderen seine Kräfte ein- 
zusetzen, und zwar um so weniger, als sich der preußische Handel dank 
der Neutralität seiner Flagge in glücklichster Weise entwickelt hatte. 
Freiwillig durfte der Staat aus dieser Stellung nur dann heraustreten, 
wenn ein großer Gewinn, etwa die Verschmelzung der kleineren Staaten 
Norddeutschlands mit seinem Gebiete oder wenigstens ihre Einigung zu 
einem festen Bunde unter seiner Führung, für ihn in sicherer Aussicht 
stand. Es fehlte nicht an offenen und geheimen Bemühungen, zumal 
von englischer und russischer Seite, um Preußen zur Parteinahme zu be- 
wegen, aber sie scheiterten an der Geschicklichkeit, womit das Berliner 
Kabinett ihnen auswich. 
Als sich der Krieg im Jahre 1805 Preußens Grenzen näherte, schien 
der Augenblick gekommen zu sein, wo es nicht mehr neutral bleiben konnte,
	        
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